Ein alter Aberglaube besagt, dass das Überkreuzen der Finger (in der Regel zwei Finger derselben Hand) Glück bringen soll. Wer also die Finger überkreuzt, drückt sich selbst oder anderen für eine bestimmte Sache die Daumen. Den Münsteraner Rockern Eat The Gun hat das Finger kreuzen offenbar gut getan. Nach der sensationellen Debüt-EP "Kingsize" und unzähligen Live-Shows hielten die Jungs das fette Rock'n' Roll Gewehr gute drei Jahre lang im Anschlag und feuern nun endlich ihr erstes Fulltime-Album mit voller Wucht ab. Trotz ihrer überragenden Bühnenpräsenz und der überzeugenden EP kam bisher allerdings noch kein Signing bei einem Label zustande - denn weder will die Band, wie sie mit Nachdruck betont, faule Kompromisse eingehen noch sich verheizen und ausnehmen lassen. Daher ist auch "Cross your fingers" erneut in Eigenproduktion entstanden. Doch trotzdem oder gerade deswegen wurde hier offenbar an nichts gespart: Der Sound ist professionell produziert und das Artwork/Booklet auch nicht gerade mager oder eintönig ausgefallen - Eat The Gun haben tief in die Taschen gegriffen und sind aufs Gaspedal getreten! Knapp 40 Minuten lang rockt sich das Quartett auf hohem Niveau mit unglaublicher Power und Spielfreude die Seele aus dem Leib. Rotziger, frecher, dreckiger, verschrobener Gitarrensound dröhnt hier zwölf Mal aus den Boxen und lässt seelenverwandte Altmeister wie Guns'n' Roses, Mötley Crüe oder Aerosmith ziemlich alt aussehen. Satte Gitarrenriffs, überzeugendes, versiertes Schlagwerk und die stimmgewaltige Rockröhre von Sänger Hendrik machen kräftig Dampf. Eat The Gun fackeln erst gar nicht lange herum, sämtliche Songs gehen unmittelbar "in medias res". Warum auch Epen rezitieren, wenn in knapp drei Minuten alles gesagt ist? Damit das Ganze dann auch unmissverständlich ankommt, bedienen sich die Jungs, wie es sich für überzeugte Hardrocker gehört, auch kräftig an den obligatorischen Kraftausdrücken. Schonungslos werden hier die Damen zu Bitches degradiert oder als Baby verehrt, gebrochene Herzen bemitleidet und ein wenig f***ing Knast-Feeling darf natürlich auch nicht fehlen. Vom Allheilmittel Dope ganz zu schweigen. Hier wird inhaltlich tief in die Klischee-Kiste gegriffen, denn so und nicht anders will es die Hard Rock Fraktion auch vorgesetzt haben! Neben grundsolide eingespielten Tempo-Brettern wie "I'm broken", "Sweet Lorraine" oder "Only the bad survive" zeigt man sich hier und da natürlich auch von der groovigeren, softeren Seite ("My & Myself", "Slaves to freedom") und setzt, wie sollte es anders sein, stilecht auf den ultimativen Mitsing-Faktor. "Slaves to freedom" etwa besticht durch einen derartigen Hymnen-Charakter, dass er eigentlich nicht mehr in eine verschrobene Live-Kaschemme oder gar in ein Jugendhaus passt. Das hört sich in einem Stadion mit Sicherheit verdammt groß an! So ist nur mehr als logisch, dass die rastlosen "Gunners" bereits wieder am packen sind: Ab 24.03. geht es erneut los auf eine ausgedehnte Tour! Der tiefe Süden der Republik wird leider auch diesmal wieder fürs erste umgangen, aber die Hoffnung stirbt bei hartgesottenen Rockern bekanntlich zuletzt. Daumen hoch und die Finger immer schön überkreuzt lassen!