Hat man da vielleicht einen neuen Absatzmarkt entdeckt? Im vergangenen Jahr brachten Siouxsie & The Banshees mit "All Souls" eine Best-Of-Platte heraus, die als musikalische Untermalung für die herbstliche Jahreszeit fungieren sollte. Der Fokus richtete sich dabei natürlich auf Halloween, der auch hierzulande mittlerweile zu einer festen Institution geworden ist. Nun haben sich auch Duran Duran, seit kurzem neues Mitglied der Rock'n'Roll Hall Of Fame, an ein Album rangewagt, das ganz unter dem Zeichen des vor allem in Amerika beliebten Gruselfestes steht. "Danse Macabre" ist zu einer wilden Mischung aus neuen Songs, alten Duran-Duran-Liedern in neuem Gewand sowie Coverversionen geworden.

Spätestens bei "Coverversionen" müssten nun wie in einem schlechten B-Horrorfilm Schreie ertönen und alle Gesichtszüge des Lesers entgleiten. Denn Coverversionen und Duran Duran - das ging in der Vergangenheit mal mächtig in die Hose. Als die Jungs nämlich Mitte der 1990er mit "Thank You" ein Album ausschließlich mit Neuinterpretationen veröffentlichten (von dem manchmal Lou Reeds "Perfect Day" noch in den Radios rumgeistert) und fast schon zum letzten Sargnagel ihrer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon auslaufenden Karriere wurde. Es hagelte - berechtigterweise - Kritik ob der kruden und völlig inspirationslosen Coverversionen. Man ist also gewarnt: Solche Versuche können echt gruselig sein.

Ehrlicherweise gibt es auch auf "Danse Macabre" einige Stücke, die einfach keinen Sinn ergeben. "Ghost Town" von den Specials beispielsweise wirkt in der Neubearbeitung so, als ob Simon Le Bon und Konsorten das Lied das erste Mal einspielen und sich überhaupt nicht wohl fühlen mit den Tempiwechsel und dem leicht verqueren Ska-Sound.  "Paint It Black", ein eigentlich dankbarer Titel der Rolling Stones, zündet in der DD-Variante ebenfalls nicht. Und dieses Mal liegt es an Simon, der sonst auch dünnere Kompositionen durch seine Stimme auf ein vernüftiges Niveau hieven kann. Hier setzt er den aufgeräumten Akkorden einen derart manirierten Gesang entgegen, dass man das Gefühl hat, der Gute war zu oft Gast im Musical "Das Phantom der Oper". Das passt einfach nicht zusammen und wirkt an manchen Stellen im Stück unfreiwillig komisch.

Von diesen beiden Songs, die nah an der Grenze zum Totalausfall stehen, mal abgesehen, gelingt der alternden Boyband aber ein erstaunlich frisches Album, bei dem die Spielfreude hörbar im Vodergrund steht (und sicherlich haben Funk Legende Nile Rodgers, Victoria de Angelis von Måneskin sowie die ex-Duran-Duran-Gitarristen Warren Cuccurullo und der todkranke Andy Taylor einen großen Teil dazu beigetragen).

Legen wir also den Mantel des Schweigens über "Paint It Black" und "Ghost Town" und widmen uns jenen Stücken, die Duran Duran in einem weitaus besseren Licht dastehen lassen. "Super Lonely Freak" ist so eine Nummer, in denen sie "Lonely In Your Nightmare" aus dem 1982er Album "Rio" mit Rick James' "Superfreak" (das Lied war seinerseits Basis für MC Hammers Welthit "U can't touch this") überkreuzen - völlig unkonventionell zwar, aber sehr wirkungsvoll. Überraschend auch "Bury A Friend", im Original von Billie EIlish (was beweist, dass die Gruppe musikalisch immer noch am Puls der Zeit sind). Das minimale Horror-Pop-Kleinod rüscht das Quartett ordentlich auf und ergreift Besitz von ihm, macht es zu einem Song, der auch aus der Feder der vier Jungs aus Birmingham hätte stammen können.

Ebenfalls positiv fällt auf, dass nicht altbekannte Nummern wie "Wild Boys" oder "Hungry Like The Wolf" für die Halloween-Platte herhalten mussten, obwohl sie thematisch passen würden. Stattdessen machen wir Bekanntschaft mit dem "Night Boat" aus ihrem ersten Album, das in der aktuellen Version als stimmungsvoller Einstieg für den leichtfüßigen Grusel der Platte perfekt gewählt ist, "Secret October 31st" indes tritt aus dem Schattendasein als B-Seite der Single "Union Of The Snake" und strahlt in einer ansprechenden neuen Version mit creepy Kinderspieluhr.

Von den neuen Stücken sticht vor allem "Black Moonlight" hervor, das nicht nur alle ehmaligen Bandmitglieder vereint, sondern den funkigen New-Romantic-Groove von früher aufruft - knackige Basslinien und flirrende Synthesizerflächen inklusive. Da ist er wieder, der Spirit einer Boyband, die immer schon mehr war als eine zusammengewürfelte Truppe hübscher Posterjungs. Duran Duran besteht aus Musikern, die nur das Glück hatten, auch noch gut auszusehen.

Übrigens: "Spellbound" von Siouxsie &The Banshees haben sie für "Danse Macabre" auch gecovert. Und das überraschend gut.