Erinnert Ihr Euch noch an den Hidden Track auf Diary of Dreams' letztem Album „Nigredo“? Allein dieser kurze Schnipsel ließ vor 3 Jahren schon düstere Bilder in meinem Kopf entstehen. Bilder, die nun im Booklet von „Nekrolog 43“ ganz im Stile des Films „Saw“ Realität werden. Sie erzählen von Folter und gewaltsamem Tod und geben somit bereits optisch das Thema des mittlerweile neunten Longplayers der deutschen Ausnahmeformation vor: Tod und Trauer. Damit ist „Nekrolog 43“ die unweigerliche Konsequenz des Vorgängers „Nigredo“, der sich ja inhaltlich um eine geheimnisvolle Krankheit drehte, die am 5. Tag tödlich endet. Auf der anderen Seite könnte man die einzelnen Tracks als verschiedene Phasen der Trauer interpretieren, als ein Schwanken zwischen Verzweiflung, Verdrängung, Auflehnung und Wut, und so widersprüchlich diese Gefühle sind, so unterschiedlich sind die Songs der CD. Der Opener zieht den Hörer unwiderruflich hinein in diese Trauer. Ein bedrohliches Flüstern und das Weinen eines Kindes ist im Intro zu hören, bevor die schleppenden Percussions einsetzen und Adrian Hates den „Nachruf auf einen Toten“ anstimmt. Die Vorab-Auskopplung „the Plague“ zeigt dagegen eine andere Facette. Mit Gaun:A's aggressiven, manchmal schrillen Gitarreneinsätzen und dem schnelleren Tempo verdrängt dieser Titel die Depression und schreit geradezu nach dem Leben – oder der Tanzfläche. Auch das folgende „Son of a thief“ vermittelt trotz des gedrückten Untertones und der ruhigeren Rhythmik mit seinen fast poppigen Keyboards noch Zuversicht, bevor man mit „Tears of Joy“ wieder in tiefste Agonie verfällt. Adrian's Gesang und die wehmütigen Pianolinien lassen die Beklemmung beinahe körperlich spürbar werden. Doch aus der Schwermut, die sich ebenso eindrucksvoll in Tracks wie „Matching Lives“, „Congratulations“ oder „alLone“ manifestiert, wird immer wieder ausgebrochen, sei es durch die harten Beats in „Remedy Child“, die wütenden Riffs in „Malice“ oder Adrian's anklagende Fragen in „hypo)crypticK(al“. Dieses Wechselbad gipfelt schließlich in der melancholischen Klavierballade „the Valley“. Obgleich Adrian Hates' Stimme in diesem Stück verletzlich wie selten erklingt, ist sie nicht die einer gebrochenen Seele, sondern scheint ihren Frieden gefunden zu haben. Ein Schimmer der Hoffnung bleibt... Auch wenn es im Rahmen einer Rezension nicht möglich ist, dieses Werk in all seiner Komplexität zu beschreiben, kann eines als Fazit festgehalten werden. Diary of Dreams schaffen es, subtil wie kaum eine andere Band, den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Obwohl sich die typische Handschrift des Traumtagebuchs nur wenig verändert hat, werden doch die musikalischen Mittel stets der Thematik angepaßt, will heißen, auf "Nekrolog 43" wird im Gegensatz zu „Nigredo“ mehr Gewicht auf die Gitarre und vor allem das Piano gelegt, was das Album insgesamt ruhiger wirken läßt. Damit haben sich Diary of Dreams zwar nicht selbst übertroffen, aber trotzdem wieder ein kleines Meisterwerk geschaffen, das die Anhänger der dunklen Klänge sicherlich erneut begeistern wird.