Pünktlich vier Jahre nach dem letzten Studioalbum kommt diese Woche nun das 12. dieser Art von den drei englischen Elektropoppionieren aus Basildon in den schon vielerorts nicht mehr existierenden gut sortierten Plattenhandel. Der verheissungsvolle und etwas überheblich anmutende Titel "Sounds Of The Universe" liess bei Bekanntwerden vor einigen Monaten wirklich grosses Kino erwarten. Auch die beiden Soundschnipsel, die bei Ankündigung der Welttournee zu hören waren, deuteten auf neu gesetzte Massstäbe hin - zumindest schlug das Fan-Herz dementsprechend drauf an. Die Geschichten im Vorfeld, dass sich Herr Gore bei einem bekannten Online-Auktionshaus in rauen Mengen mit alten Analog-Synthies eindeckte, Ben Hillier wieder als Produzent genommen wurde, sogar Kap10Kurt bei dem einen oder anderen Track seine Finger mit im Spiel gehabt haben dürfte, all das klang nach einer extrem hoch gelegten Latte. Die Weltpremiere der erste Single "Wrong" beim Echo in Berlin konnte diese auch erreichen meiner Meinung nach. Der Song, den ich dank EMI Austria sogar zum ersten Mal eben live, äh playback, in Berlin hören durfte, wurde einer ersten Depeche Mode Single eines neuen Albums wirklich gerecht: grossartige Sound- sowie Songstruktur und eben anders als das meiste andere, neu und richtungsweisend. Erfreulicherweise wurde das erschreckend einfältig wirkende Stäbchen-Design des "Wrong"-Covers beim Auftritt mit phantastischen Visuals und einer fetten 3D Bühnendeko gerettet. Mir schien alles den richtigen Weg zu nehmen. Aber es kam - wie so oft im richtigen Leben - anders. Die Wochen vergingen und es sickerten immer mehr Tracks des Albums durch, die grösstenteils wie Demoversionen wirkten, extrem nackt und unfertig. Lediglich ein paar Remixes haben es mir wirklich angetan, die aber nicht aufs Album kommen sollten, aber zumindest als Bonustrack auf einem der unzähligen anderen Formate oder als sehr beliebter "Download-only Track" abseits der normalen CD erscheinen, wie man mittlerweile weiss. Nun, am Freitag den 17.4. ist es soweit und die Realität holt uns ein. "Sounds Of The Universe" wird so erscheinen, wie es wohl so mancher Fan nicht glauben kann: Als unfertiges Album mit - abgesehen von der ersten Single - etlichen Songs, denen der Wind aus den Segeln genommen wurde, und einem Plattencover, das jeder Vorschüler auf MS Paint® besser zusammenschustern kann, auch wenn er nicht Corbijn heisst. Ich habe der Platte wirklich viele Chancen gegeben und ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Entrüstung wirklich gerechtfertigt ist. Aber ich bin bei weitem nicht allein, meine Kritik stösst in Fankreisen auf recht grosses Echo. Es war noch bei keinem Depeche Mode Album der Fall, dass es nur eine sehr gute Nummer enthält ("Wrong"), einige recht akzeptable (zB "In Sympathy", "Perfect", "Corrupt", ...) und sonst eher Tracks, die unter "ferner" liefen und in wenigen Wochen niemanden mehr interessieren - und das auch nach etlichen Hörvorgängen in jeglichen Lebenslagen. Dann war ich bald mal auf der Suche nach Erklärungen: Möglicherweise hat sich der Qualitätsstandard elektronischer Musik nur extrem gesteigert in den letzten Jahren und DM konnte einfach nicht mit anderen bzw."jüngeren" Acts mithalten (Telefon Tel Aviv, Röyksopp, Scarlet Soho, IAMX, Sneaky Sound System, Grafton Primary oder auch die guten alten PSB... - das alles sind Künstler, deren neue Alben mich in den letzten Wochen weit mehr mitgerissen haben). Es könnte aber auch daran liegen, dass gerade 2009 schon extrem viele Alben herausgekommen sind und dadurch einfach nicht genug Aufmerksamkeit für jedes individuelle Produkt besteht... Sind wir uns ehrlich, das alles kann nicht der Grund sein, wenn einem ein Album einfach nicht gefällt. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, wenn man unbedingt mit Analogsounds punkten will, sollte man dies eben auch fähigeren Produzenten überlassen. Wobei die Sounds an sich ja wirklich gut rüberkommen, aber Harmonie und Variationen, die den Aufbau eines Songs immer weiter treiben, verblassen bald mal in den meisten Songs, da sind eiskalt die Ideen ausgegangen. Lobend zu erwähnen seien immerhin die vielen Bonustracks auf CD2 (der Box) oder als Download, die es meiner Meinung gut und gerne aufs Album schaffen hätten sollen. Beim Namen genannt zB: "Oh Well" oder "Ghost". Ebenso astrein sind die zig Formate, in denen "Sounds Of The Universe" erscheinen wird: Eine normale CD, eine mit Bonus DVD und als Highlight eine fette Box mit etlichen Goodies auf CD2 inklusive zweier grossen tourbookartigen Booklets und zwei Enamel-Badges... ganz zu Schweigen von einigen interessanten Demos (!) alter Mode Hymnen auf einer dritten CD, ein paar Videos und dem Album in 5.1 Surroundabmischung. Die Vinylbox ist auch noch sehr solide - wie mittlerweile üblich glücklicherweise mit dem Album auf CD. Detailierte Infos zu allen Varianten sind auf der grandiosen Sammler Homepage www.depmod.com zu finden Um der öffentlichen Steinigung vieler Fans zu entgehen, die es geschafft haben, das Teil schön zu hören - leider hat es bei mir nicht geklappt - , möchte ich betonen, dass diese Kritik natürlich nur meine Meinung widerspiegelt, die sich aber interessanterweise mit der vieler meiner Mit-DM-Fans deckt... Unterm Strich werde ich trotzdem drei Sterne geben, denn immerhin handelt es sich um Depeche Mode und auf CD2 und 3 der Box sind doch einige "Schmankerl" zu finden.