Jarvis Cocker – König der smarten Poser Englands, hat sich zum zweiten Album hinreißen lassen, das den beängstigenden Namen ‚Further Complications’ trägt. Nach seinem selbstbetitelten Solo-Debüt, das den genialen vor Wahrheit triefenden Titel ‚Fools are still running the world’ enthielt und in Paris aufgenommen wurde, suchte sich der Londoner Lad diesmal ein Studie in Chicago und ließ sich von Steve Albini produzieren, der Produzent, der sich zuvor bereits um essenzielle Werke von Bush, PJ Harvey oder auch Nirvana kümmern durfte. Ob ‚Further Complications’ grungig direkt geworden ist oder ob Cocker seine Britishness mit auf die neue CD retten konnte, damit wollen wir uns im nächsten Abschnitt beschäftigen. In der Tat fängt der Titeltrack mit vordergründigen Gitarren an und erinnert musikalisch nun wirklich nicht mehr an Pulp, bei denen Cocker ja ursprünglich mit Ausdruckstanz, zu engen Second Hand Anzügen und fettigen Haaren punktetet wie kein andere Freak Mitte der Neunziger. Gesungen klang das etwa so: ‚ Mis-shapes, mistakes, misfits. Raised on a diet of broken biscuits, oh we don't look the same as you. We don't do the things you do, but we live around here too. Oh really.’ Ein Mis-Shape ist er irgendwie noch immer aber ein ganz anderer als zu damaliger Zeit. Ein bisschen Lofi-Rocker, ein bisschen exzentrischer Chanteur kommt durch in Songs wie ‚Angela’, das auch echte Westcoast Surfer –dann jedoch mit mehr Beach Boys Ausprägung – hätten veröffentlichen können. Ehrlicherweise muss man sagen, dass das aber eigentlich nicht so recht zu Jarvis passen mag und so ist man glücklich, wenn ‚Leftover’ wieder zwischen Britpop und Lou Reed ankommt. Das macht mehr Sinn, das ist groß und das wird umgehend mit ‚I never Sais I was deep’ fortgesetzt. Das Bild des sympathischen Losers kommt dabei wieder ins Spiel und genau das macht Jarvis Cocker authentisch. Die weiteren Songs des Albums bewegen sich zwischen den beiden beschriebenen Polen und aus herausragend mag vielleicht noch ‚You’re in my Arms’ genannt werden. Der große Coup ist dem liebevoll verschrobenen Vorstadt-Crooner mit ‚Further Complications’ leider nicht gelungen, auch wenn man ihn dafür liebt, dass er seinen unnachahmlichen Gesang immer und immer wieder zum Besten gibt. Der Ton macht nun aber auch die Musik, und den hat Steve Albini genau so gedreht wie er dies für die Masse der vorangegangenen Produktionen auch schon getan hat. Ob dies zu Cocker passt oder nicht, scheint im dabei irgendwie egal gewesen zu sein. Schade drum, denn die Substanz in den Songs hätte in großen Teilen des Albums ein passenderes Gewand verdient gehabt. Deshalb hoffen wir auf das nächste Werk, denn bekanntlich sind aller guter Dinge eben drei!