Irgendwann haben apokalyptische Soundscapes und dystopische Texte von einer von Maschinen dominierten Zukunft nicht mehr gereicht. Dann musste man unbedingt ein bisschen schmuddelig werden und in eine Sado-Maso- und Ficki-Ficki-Sprache verfallen. Aus EBM im weitesten Sinne hat sich Aggrotech entwickelt und besonders in Deutschland einige kuriose Blüten hervorgerufen. Centhron gehört sicherlich dazu.

Das 2001 von Elmar Schmidt und Jörg Herrmann ins Leben gerufene Projekt erkannte schnell den neuen Trend in den Dunkeldiskotheken. Harsche Beats, trancige Melodien und verzerrte Stimmen setzten sich immer mehr durch. Kein Wunder also, dass Centhron unter anderem als Vorgruppe von Suicide Commando auftraten, sind diese, neben Hocico, sicherlich eine der größten Inspirationsquellen für sie gewesen - und sind es nachwievor noch.

Denn das neue Album "Einheit C" bleibt ihrem Muster treu und präsentiert die einschlägig bekannten Zutaten für einen veritablen Club-Hit: Druckvolle Beats, gerne mit einer Off-Beat-Basslinie gepaart, dazu die klirrenden und schreienden Sequenzen aus der Konserve, deren Mindesthaltbarkeitsdatum aber schon etwas drüber ist, und eben das heisere Krächzen Elmars. Die aktuelle Scheibe wird dem geneigten Fan sicherlich eine Freude bereiten, denn Centhron haben sich ihrer alten Songs angenommen und sie musikalisch aufpoliert. Die Veränderungen sind naturgemäß größer, je älter die Songs sind. "Einheit C" und "Gasman" wirken im Vergleich zum Original wirklich entstaubt und den aktuellen Hörgewohnheiten angepasst.

Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Centhron zu jenen Gruppen gehört, denen man nur ungeteilte Sympathie oder Antipathie entgegenbringen kann. Vor allem der hardcorepornöse Inhalt von "Dreckstück" oder das nicht minder vulgäre "Bitch Of Dreams" kratzen schon deutlich an der Grenze des guten Geschmacks. Die Songs stammen übrigens vom 2009er-Album "Roter Stern", bei dem sich das Presswerk damals auf die Hinterbeine stellte und das Album wegen tendenziell rechter Inhalte und Gewaltverherrlichung nicht drucken wollte.

Ein Stück wie "Zombie Nazi Babe", auch auf "Einheit C" ethalten, und überhaupt der Titel des im Vorfeld heiß diskutierten Albums entkräftigen den Vorwurf einer rechten Gesinnung. Die Texte werden aber der ständige Kritikpunkt bleiben. Denn gerade in diesem Zusammenschnitt wird deutlich: Es geht hauptsächlich nur um das Eine. Und das kann auf Albumlänge hin ziemlich langweilig werden.

Centhron haftet das gleiche Problem wie vielen anderen Aggrotechcombos an - sie sind wenig variabel in ihren Songstrukturen, schlagen permanent Alarm und laufen mit ihren provokanten Texten, die scheinbar nur um der Provokation Willen erdacht wurden und keine tieferen Gedanken in sich tragen, ins Leere. Natürlich kann man im Namen der Kunst die menschlichen Triebe durchaus verhandeln. Aber wenn bei "Cunt" zum x-ten Mal die Säfte fließen, einletend mit dem Sprachsample "Höre nur auf dein Herz, es sagt: f*** mich, f*** mich, f*** mich", driftet die Provokation in die Lächerlichkeit ab. Vielleicht ist das von Centhron so gewollt: Überspitzung als Form der Ironie. Nur leider funktioniert das so nicht, weil es nicht mit dem Rest des Stücks korreliert.

Man muss Elmar und seinen Mitstreitern jedoch zu Gute halten, dass sie mit ihrer kompromisslosen Art, Musik zu machen, durchaus den Nerv vieler getroffen haben. Seit über 20 Jahren unterwegszu sein, regelmäßig erscheinende Alben zu veröffentlichen und Liveauftritte zu absolvieren, sprechen eine deutliche Sprache. Verfechter der musikalisch grobschlächtigeren Gangart mit überwiegend testosterongeschwängerten Lyrics kommen hier sicherlich auf ihre Kosten. Alle anderen  - zu denen auch der Autor dieser Zeilen gehört - werden wohl nie die Faszination einer solchen Auf-die-Zwölf-Kunst verstehen.