Sieh an, sieh an... Mit "anapteroma" hat sich in kurzer Zeit bereits das zweite Werk in meinen Player geschlichen, dessen Cover-Artwork ein bildfüllender Schmetterling ziert. Zufall oder Beginn einer Epidemie? Eigentlich egal - von der optischen Gestaltung her macht die zweite Veröffentlichung des Projektes mit dem eigenartigen Namen BLUE BIRDS REFUSE TO FLY erst einmal eine gute Figur. Laut Info der Plattenfirma haben sich die beiden aus Griechenland stammenden Musiker, die hinter dem sperrigen Namen stecken, nunmehr entschlossen, musikalisch eher in Richtung tanzbarer Elektro-Sounds, in Richtung Dark/Future - Pop zu tendieren. Soviel zur Theorie. Praktisch präsentieren Keyboarder Kyriakos Poursanides und Sänger George Dedes auf "anapteroma" insgesamt eine knappe Stunde moderner, durchdachter elektronischer Musik reich an Licht und Schatten. Zunächst fällt auf, daß die beiden Musikanten im Verlauf der 13 Songs eine ganze Reihe interessanter Ideen verarbeiten, etwa die Piano-Passagen bei "house of sex", die growlig-verzerrten Vocals in "after dark" oder die vorsichtig eingesetzten Gitarren-Samples bei "celebration". Instrumental und technisch durchaus hörenswert in Szene gesetzt, bewegt man sich irgendwo zwischen der Melancholie früher Wolfsheim-Werke und der melodiösen Zugänglichkeit gewisser Songs auf jüngeren Icon Of Coil - Alben, ohne jedoch, und dort ist wohl die Grenze von "anapteroma" zu finden, die Qualität jener wirklich annähernd zu erreichen. Schuld daran dürfte in erster Linie das Songwriting sein: Zwar schafft es die Band zu dem einen oder anderen Highlight, aber im Großen und Ganzen scheint symptomatisch zu sein, daß man sich (wie etwa bei "house of sex" oder "quasi stellar II") gute Song-Ideen und -Stimmungen mit halbgaren Refrains, unschlüssig wirkenden oder schlicht und ergreifend unpassenden Parts wenig später selbst wieder ruiniert. Zum anderen wirkt die Musik an vielen Stellen für meinen Geschmack einfach viel zu poliert, zu poppig und glatt, um dauerhaft interessant zu sein, dauerhaft überzeugen zu können. An sich schade, weil Kyriakos und George an anderen Stellen ("as i fall", "the end", "love like prison") zeigen, daß deutlich mehr Talent und Potential in ihnen und ihrer Musik wohnt, als man über das Gros der Spieldauer von "anapteroma" vermuten möchte. Sicherlich dürfte es das Projekt in der derzeit nicht gerade kleinen Dark- und Future-Pop - Szene schaffen, den einen oder anderen Hörer erfolgreich für sich zu begeistern, und Fans dieser Stilrichtungen sollten "anapteroma" ruhig einmal ein Ohr leihen. Allen anderen sei zur Vorsicht geraten; ich für meinen Teil plädiere für subjektive Vier von Sechs für eine CD, der ein wenig mehr Energie im Songwriting genauso guttun würden wie etwas mehr Mut, angefangene (gute) Song-Ideen konsequent zu Ende zu bringen. Anspiel-Tips für Interessierte: "as i fall", "the end", "after dark"