Es gibt ja eigentlich aus jeder Zeit Musikstile und bis heute werden sie von Fans und Enthusiasten am Leben gehalten, aber das Gefühl, das durch mich durchschwabbte, als ich die ersten Minuten Baby Woodrose erlebte muß dem ähnlich gewesen sein, das man hat, wenn man beim Gartenumgraben auf eine alte, perfekt erhaltene Mumie stößt: Schwere Verwirrung machte sich in mir breit. Ich hatte vorher nicht reingehört und hätte wohl auch nicht zugegriffen, wenn mir jemand die Musikrichtung genannt hätte. Aber ich bin einfach froh, daß es anders kam. Ich glaube, man kann die Musik auf "Chasing Raimbows" als psychedelischen (LSD) Rock bezeichnen... aber ich bin 25 und damit Jahrzehnte von den Ursprüngen entfernt. Deswegen sollen sich all diejenigen, die diese Musikrichtung verfolgen, nicht auf den Schlipps getreten fühlen : ich habe einfach keine Vergleichsmöglichkeiten aber jede Menge Spaß mit Baby Woodrose. Also los, ihr gewiß zahlreichen Medienkonverter-Hippies: packt euch die Tabla, nehmt die Flöten zur Hand und lasst es fließen (die Musik, alles andere geht in die Hose...). Die Vocals werden durch das Effektgerät gejagt, die Hammond(?)Orgel berauscht und immer wieder erklingen kleinere Gitarrensolis. Und der Bass groovt gewaltig. Wir befinden uns im Amerika um 1965. Die Klänge die Lorenzo Woodrose hier abliefert klingen so orginal, daß nur die 1A Aufnahmequalität davon zeugen könnte, daß es eher ein nostalgischer Trip zurück in die FlowerPower-Zeit ist. Der Mann hat scheinbar bereits unter dem Banner Dragontears Alben abgeliefert und bereits ein Baby Woodrose Album ist auf dem Markt, aber aufgrund mangelnder Kenntnis kann ich nicht über eine Entwicklung urteilen und will es auch gar nicht. Das ist einfach ein kunterbunter und gegen Ende leicht melancholischer Blumenreigen. Die erste Hälfte bis zum gelungenen Titeltrack läßt den Kopf wackeln, ab dann wird es ruhig, langsam und verträumt (wenn die Party ruhiger wird und alle nur noch rumliegen). Wäre die CD in den Sechzigern entstanden würde eventuell jeder beim Namen Baby Woodrose (an)erkennend aufblinzeln, denn die Tracks sind sehr gut und die Songstruktur und -vertonung stammen aus einer anderen Zeit. Der Alltagstest ergab, daß graue Oktoberwolken plötzlich fluffig erscheinen, ich mich trotz Dauerregens auf einer Wiese tummeln wollte und die Stimmung bei einem Grufti(!!!)spieleabend ausgelassen und fröhlich wurde. Ich kenne niemanden, der diesen Musikstil heute noch hört (nicht mal mein Vater wußte was von neuerer Ware aus dieser Richtung) aber Baby Woodrose wird es immer mal wieder in meinen Player schaffen und ich freue mich sehr, daß sich dieses kleine Stück Nostalgie in die Promoabteilung verirrte. Anspieltipps gibt es jede Menge, besonders gefallen haben mir „Someone to love“, „Gonna make you mine“ und das ruhige „Dark Twin“. Das Cover und der Albumtitel sind übrigens auch absolut stimmig - aber was könnte man auch anderes erwarten ? Mein Aufruf : lasst die Haare wachsen, macht euch frei, bindet euch ein Stirntuch um, setzt die Rundglas-Sonnenbrille auf und sucht euch (trotz der Jahreszeit) eine Pusteblume : der Trip lohnt sich, ist qualitativ hochwertig und macht wesentlich mehr Spaß als das Aufzählen dieser Klischees. Ich liebe euch, man.