Austere sind zurück! Also gut, sie sind eigentlich seit 2021 irgendwie zurück, haben ihre Diskographie neu aufgelegt und ihre ersten Live-Auftritte überhaupt bewältigt, aber jetzt, 2023 und damit 14 Jahre nach ihrem Zweitwerk ‚To lay like old ashes‘ ist das australische Duo mit den lebensbejahenden Pseudonymen Desolate und Sorrow auch auf einer neuen Langgrille zu hören. Wie wird die ‚Corrosion of hearts‘ klingen? Lohnt sich der Wiedereinstieg überhaupt?

Ich würde mich durchaus als interessierten Sammler der Sparte Depressive Suicidal Black Metal (DSBM) bezeichnen, auch wenn sich das ein wenig rückläufig entwickelt (weniger eigene Depressionen stellen den Bedarf an musikalischer Bedarfsmedikation in Frage). Ich mag den Sound weiterhin und habe in den letzten 20 Jahren Unmengen konsumiert und natürlich begegnete mir Austere dabei auch. Aber was soll man sagen – ich empfand die beiden Alben ‚nur‘ als gut und Austere damit nur als eine von vielen guten Bands. Und auch meine Live-Begegnung auf dem letztjährigen Prophecy Fest war eine solide Erfahrung, aber keine, die mit mitreißen konnte. Nun lausche ich den neuen Klängen und bin mir nicht sicher, wie sehr sich die Band gewandelt hat und wie sehr ich. Also zunächst einmal empfinde ich den Gesang als angenehmer und nicht mehr ganz so hysterisch wie insbesondere auf dem Debüt (ja, es wird an einigen Stellen noch extremer gejault, aber die Produktion ist an diesen Stellen nicht ganz so plump). Und insgesamt bin ich mir auch nicht sicher – sicherlich sind die Texte kein Quell ausufernder Lebensbejahung, aber der Sound ist für mich sehr viel mehr in Richtung Atmospheric Black Metal gerückt. Klar, beide Sub-Sub-Genres zeichnen sich aus durch monoton wiederholte Riffs, Songs mit gut 10 Minuten Spielzeit und nur dezenten Steigerungen in der Dramatik, aber ich habe auf ‚Corrosion of hearts‘ weniger dramatische als mehr in die Ferne gerichtete, sehnsüchtige Empfindungen. Alles wirkt getragen, abgeklärt und auf eine eigenwillig positive Art entspannt. Ich komme runter, wenn ich das Album höre und … es gefällt mir ausgesprochen gut, wie ich runterkomme.

Also gut, Austere gefallen mir 2023 wesentlich mehr als in den Gründerjahren. Das ist doch schon einmal gut. Ist das Album damit aber weiterzuempfehlen? Das kommt wohl ganz darauf an, was man sich erhofft. Austere waren nie eine Band, die überraschte oder mit krasser Krassizität schockte. Weder die Bilder und Cover noch aktuellen Live-Aktivitäten fordern so heraus, wie es Shining, Silencer und all die anderen (Entschuldigung) plakativen Selbstverletzer. Ich empfinde das als positiv, aber vielleicht wirken Austere damit zu harmlos oder gar langweilig. Es gibt keine hysterischen Kreischattacken wie bei An autumn for crippled children, keine anrüchigen politischen Tendenzen wie bei Abyssic Hate. Austere sind einfach entspannt depressiv und ‚Corrosion of hearts‘ entsprechend ein wunderschönes, wenn auch wenig markantes Album. Ich freue mich sehr über den Neuzugang in meiner Sammlung und hoffe für das Duo, dass es mehreren so gehen wird.

Kein Album des Jahres, keine ‚Reunion‘ des Jahrzehnts und keine Musik für die Ewigkeit. Und trotzdem eine Reinhöhrempfehlung, denn das Album entwickelt eine in sich kongruente Stimmung und schafft es auf den gesamten 46 Minuten Spielzeit, diese Stimmung aufrecht zu erhalten.


Austere – Corrosion of hearts

28.04.2023 / Prophecy Productions


https://austere-official.bandcamp.com/album/corrosion-of-hearts


  1. Sullen
  2. A ravenous oblivion
  3. The poisoned core
  4. Pale