Als 'Steve Naghavi' Mitte 2010 das mittlerweile veröffentlichte Album 'Tanzomat' mit großem Getöse ankündigte, sorgte dies in der Szene für einige gespannte Ohren. Es war nicht nur die übliche Neugierde, die sich einstellt, wenn eine Band wie 'And One' ein neues Werk in Aussicht stellt, sondern auch die brisante Bemerkung des Frontmanns, dass es sich hierbei um ein EBM-Album handeln solle. Nach dem durchwachsenen und eher halbherzig aufgenommenen 'Bodypop 1 ½' waren die Erwartungen gemischt: Würde 'And One' zurück zu alter Stärke finden, oder war das nur eine weitere vollmundige Ankündigung, der wenig folgen würde? Die Anfang des Jahres erschienene Zerstörer-EP ließ nichts Gutes ahnen und sorgte bei vielen für Stirnrunzeln. Doch wie so oft bei 'And One' kam am Ende alles anders, als man zunächst dachte.
Bereits nach dem ersten Hördurchgang von 'Tanzomat' wird eines überdeutlich: Das Album klingt zweifelsohne nach 'And One' – daran besteht kein Zweifel. Aber ebenso klar ist, dass es sich dabei keineswegs um ein EBM-Werk handelt, selbst wenn man es mit früheren Alben der Band vergleicht. Die von Naghavi gezogenen Parallelen zu Szene-Größen wie 'Front 242' wirken dabei beinahe wie ein schlechter Scherz. Diese Vergleiche entbehren jeder Grundlage und sollten am besten schnell vergessen werden. Stattdessen präsentiert sich 'Tanzomat' als nahtlose Fortsetzung der bisherigen Alben der Band, und die selbst gewählte Genre-Bezeichnung Bodypop bleibt hier das treffendste Label: Synthie-Sounds mit hohem Pop-Appeal, die ins Ohr gehen, ohne dabei in plumpen Kitsch abzugleiten.
Die ersten drei Tracks des Albums punkten dabei mit einem fast schon besorgniserregenden Ohrwurmpotenzial – sie graben sich so tief ins Gedächtnis, dass man sie kaum mehr loswird. Doch auch das restliche Album enttäuscht nicht: Es gibt genügend Momente, die das Album unverwechselbar machen und dafür sorgen, dass es nicht einfach in der Masse untergeht. Zwischendurch wagt sich die Band mit Tracks wie 'The Aim Is in Your Head' und 'Electrocution' auf etwas düsterere, härtere Pfade, die durchaus rudimentär wirken, aber den EBM-Stempel tragen sie trotzdem nicht. Auch hier bleibt die Prämisse: Bodypop in Reinkultur.
Natürlich darf auf einem And-One-Album die obligatorische Ballade nicht fehlen. Mit 'No Song for You', das bereits auf der EP 'Zerstörer' enthalten war, hat das Album einen würdigen Vertreter dieses klassischen And-One-Elements. Der Song überzeugt durch seine emotionale Tiefe und passt perfekt in das Gesamtgefüge des Albums.
Ein Aspekt des Albums hat bei mir jedoch einige Fragezeichen aufgeworfen: 'Steve Naghavi' hat in der Vergangenheit mehr als einmal bewiesen, dass er die deutsche Sprache virtuos beherrscht und ihr in seinen Texten eine besondere Note verleihen kann. Warum um alles in der Welt verzichtet er auf 'Tanzomat' vollständig darauf? Vom Opener bis zum letzten Track sind die Texte ausnahmslos auf Englisch verfasst. Sicherlich mag dieser Ansatz auf den Vorgängeralben stellenweise erfrischend gewirkt haben, doch hier vermisse ich die deutschen Texte schmerzlich. Sie hätten dem Album eine zusätzliche Facette und Eigenständigkeit verliehen.
Insgesamt klingt 'And One' auf ihrem elften Studioalbum genau so, wie sie in den letzten Jahren geklungen haben: Poppig, eingängig und durchaus intelligent komponiert. Wer jedoch auf eine Rückkehr zu den roheren Klängen ihrer Anfangstage gehofft hat, wird enttäuscht. 'Tanzomat' erfüllt diese Erwartungen nicht – und das wohl zu Recht, denn die Band hat sich längst in ihrem Stil etabliert. Für Fans des Bodypop bietet das Album dennoch eine gelungene Sammlung eingängiger Tracks, die sich trotz des fehlenden Neuen und Innovativen tief in die Gehörgänge bohren. Es ist ein Album, das zweifellos seinen Platz in vielen Musikregalen finden und häufig den Weg ins heimische Abspielgerät antreten wird.
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And One - Tanzomat

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