In diesem Jahr wurde ich reich belohnt und durfte nicht nur Calva Y Nada live erleben, sondern auch die Reuinion von Agalloch nach langer Pause. Zwei Konzerte, mit denen ich definitiv nicht gerechnet hätte und die mich einfach mit Glück erfüllten. Denn, um mich nun den Neuengländern von Agalloch zuzuwenden, lange Zeit sah es so aus, als ob John Haughms Handeln im Netz in einer Episode und der damit einhergehende Split 2016 in die zwei Projekte Pillorian und Khôrada endgültig sei. Jedoch wurden beide Projekte 2019 wieder auf Eis gelegt und es herrschte einige Jahre Schweigen in dem Wald, den die vier Mitglieder so oft huldigten. Doch nun scheinen sie wieder da, John Haughm klang beim Konzert in der Balver Höhle im Rahmen des Prophecy Fests auch eher nach wirklicher Reunion als nach einmaligem Event und man kann hoffen, dass vielleicht auch noch die ein oder andere Scheibe erscheint.

Eisenwald Records veröffentlichten im Sommer ein feines Rerelease des ersten offiziellen Albums ‚Pale Folklore‘ in hübscher Verpackung und feinem Sound – Zeit also, um sich als Fan der Band noch einmal zurückzubesinnen und als Agalloch Neuling sicherlich auch kein schlechter Start, um sich in eine Band zu verlieben. Denn, und ich finde mich hier in einer Rolle wieder, die ich ungerne annehme, die aber dieses Mal zu 100% meinem Empfinden entspricht, dieses und das folgende Album sind es, die meine Liebe zur Musik dieser Band ausmachen. Drei Werke sollten anschließend noch folgen, allesamt hochklassig und absolut empfehlenswert, aber diese besondere Stimmung von ‚Pale Folklore‘ und insbesondere ‚The Mantle‘ empfinde ich als unnachahmlich. Agalloch schafften zu Beginn ihrer Karriere eine eigenwillige Mischung aus Black… Naja, eher Dark Metal, Folk, klassischen Elementen, Psychedelic Rock und Ambient. Das ist nun inzwischen nicht mehr wirklich eine besondere Mischung und gerade auf späteren Alben sollten Agalloch eher so klingen, wie das Gros der Bands aus dem Bereich diese Mischung interpretieren: Wesentlich härter und am Metal orientiert, aber auf den ersten beiden Alben wirkte die Mischung wie eine homogene Melange, in der alle Elemente gleichberechtigt Platz finden. Agalloch waren wie vertonter Wald, wie vertonte Ruhe und Kraftgewinn durch die Ohnmacht des kleinen Menschen im Angesicht der Gewaltigkeit der Natur.

Ich hatte damals mit ‚The Mantle‘ begonnen, mich heiß verliebt in die Perfektion, mit der alle Elemente stimmig zu einem metallisch-rockigen Folk-Hörspiel verbunden wurden. Und natürlich wollte ich damals mehr und fand mit den ersten Demoaufnahmen und eben ‚Pale Folklore‘ mehr vom Guten, wenn auch eben nicht ganz in dieser Perfektion. Wenn ich jetzt das offizielle Debüt höre, so geht es mir weiterhin gleich: ‚Pale Folkore‘ ist ein wunderschöner Reigen, acht Lieder, deren Niveau nur wenige Bands je erreichen werden und doch wirkt es schroffer, ungeschliffener wie ‚The Mantle‘ Dies wird insbesondere deutlich in den Übergängen zwischen den einzelnen Part innerhalb und zwischen den Liedern, die doch manchmal so klingen, als ob die Band absetzt und eine Sekunde später etwas Neues spielt. Dies sollte drei Jahre später wesentlich fließender und schlüssiger klingen. Auch ist Haughm hier die meiste Zeit rauh und black metallisch krächzend unterwegs und es gibt nur wenige Momente, die dem Klargesang gehören. An wenigen Stellen sogar zum Nachteil der Band: „As embers dress the sky“ ist neben dem Opener der deutlichste Versuch, hohen Frauengesang in den Sound einzuflechten und vielleicht liegt es an Idee ansich, die ich nur bedingt stimmig empfinde, viel mehr aber an der Gesangsqualität, aber das ist nichts.

‚Pale Folklore‘ ist nicht das Jahrhundertdebüt, sondern die unglaublich starke Vorstellung einer Band, die mit Recht zu den Großen gehört, wenn es um die Spielart geht. In der Gegenwart deutlich rockiger/metallischer und dem Publikum und der mitreißenden Atmosphäre verschrieben sind es die ersten beiden Alben (und die ‚White EP‘), die Agalloch so präsentieren, wie ich sie im Herzen halte. Meditativ, introvertiert, naturverbunden und poetisch. In den Jahren habe ich vielen, die nicht aus dem metallischen Bereich kommen, mit Agalloch eine überraschende Freude bereitet und vielleicht ist dieses Rerelease und die Wiederaufnahme des Bandbetriebs ja eine Chance, dass noch mehr Musikliebhaber diese Band für sich entdecken. Da die Qualität des Rereleases formidabel ist, kann die Wertung sowohl für das Release, als auch für das Album selbst in der Retroperspektive stehen


Agalloch – Pale Folkore

29.09.2023 / Eisenwald Records


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  1. She painted fire across the skyline I
  2. She painted fire across the skyline II
  3. She painted fire across the skyline III
  4. The misshapen steed
  5. Hallways of enchanted ebony
  6. Dead winter days
  7. As embers dress the sky
  8. The melancholie spirit