Bei Peter Heppner handelt es sich zweifellos um eine Ausnahmeerscheinung der deutschen Musiklandschaft – mit seiner einzigartigen Stimme gelang es ihm spielend, sowohl im Mainstream des Popgeschäfts zu einem gefragten Künstler zu avancieren als auch seine Glaubwürdigkeit in der Schwarzen Szene nicht zu verspielen. So konnte es kaum verwundern, dass der talentierte Sänger nach dem vorläufigen Ende seiner Band Wolfsheim und der folgenden juristischen Schlammschlacht auch auf Solopfaden weiter von sich reden machte.

Sein Debütalbum „Solo“ konnte er erwartungsgemäß in den Top Ten der deutschen Albumcharts platzieren, doch trotz des kommerziellen Erfolgs stieß das Werk nicht überall auf Gegenliebe. Mit großer Spannung wurde daher der Nachfolger erwartet, der nun endlich mit dem Titel „My Heart of Stone“ vorliegt. War „Solo“ noch beeinflusst von den Querelen rund um den Wolfsheim-Split, so ging Heppner laut eigener Aussage bei der Arbeit am neuen Album befreiter zu Werke: Er selbst habe wieder die Richtung bestimmen wollen. Von einem Schritt „back to the roots“ war gar die Rede, in Anlehnung an Chartstürmer wie Hurts sollte wieder den Klängen der Achtzigern gehuldigt werden. Große Worte, die auf ein spannendes Album hoffen lassen! Tatsächlich beginnt „My Heart of Stone“ sehr vielversprechend: Der Hörer wird mit einem bezaubernden Klavierintro in Heppners Welt entführt, das trotz einer einfach gehaltenen Struktur sofort gefangen nimmt und Lust auf mehr macht. „Give us what we need“ vermittelt im Anschluss einen guten ersten Eindruck von der Gesamtausrichtung des Werkes: radiokompatibler Synth-Pop im Midtempo-Bereich, der sich schnell in den Gehörgängen festsetzt.

Nach diesem gelungenen Auftakt folgt der bereits als Single-Auskopplung bekannte Song „Meine Welt“, bei dem die Geschwindigkeit etwas gedrosselt wird. Ein absoluter Ohrwurm, in dem in kindlich-naiver Sicht eine bessere Welt imaginiert wird. In einem Interview äußerte sich Heppner diesbezüglich kritisch über die aus seiner Sicht abhanden gekommen Protestkultur und plädierte dafür, dass sich die Menschen wieder mehr für ihre Träume und Visionen einsetzen sollten. Ob ein Song mit einem geradezu eskapistischen Ansatz wie „Meine Welt“ dafür Impulse liefern kann? Nun, darüber mag sich jeder selbst ein Urteil bilden, genauso wie über Sinn oder Unsinn lautmalerischer „damdadams“ in Refrainzeilen... Dass Heppner nicht nur solch massentauglichen Pop beherrscht, sondern auch anders kann, beweist er mit dem ungewöhnlichen „God smoked“: Sperrig, experimentell-elektronisch und mit leichten Depeche Mode-Anleihen fällt dieser Titel in Rahmen des ansonsten recht homogenen Albums besonders auf. Kein Wunder, handelt es sich doch um einen Track, der ursprünglich schon einige Jahre zuvor für eine Dokumentation über den Drogenschmuggler Howard Marks geschrieben wurde.

Am allerstärksten ist Heppner allerdings in den ruhigsten Momenten: „Noch nicht so weit“ zum Beispiel ist eine brilliante Ballade, die emotionsgeladen das Gefühl des Nicht-Loslassen-Wollens oder -Könnens thematisiert. Intensiv, aufwühlend, melancholisch – Heppner, wie er besser nicht sein könnte. Leider gibt es auch weniger schöne Seiten auf „My Heart of Stone“ entdecken. Da wäre beispielsweise „Deserve to be alone“, ein Duett mit Kim Sanders, die der interessierte Popkonsument vor allem als Finalteilnehmerin der pseudo-elitären Castingshow „The Voice of Germany“ kennen dürfte. Wie nicht anders zu erwarten bei einer Gesangspartnerin, die den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ in der Kategorie „Black Music“ abräumen konnte, driftet der Song in arg soul-poppige Gefilde ab. Das mag mancher mit Freude registrieren, mir erscheint es jedoch wenig passend und zu sehr an den Massengeschmack anbiedernd. Ein weiteres Manko sind Heppners Texte, die sich viel zu häufig in Pop-Plattitüden verlieren. Leider sorgen sie gerade bei ansonsten sehr überzeugenden Titel für Abzüge in der B-Note. „Letter from Africa“ steht stellvertretend dafür: Ein mitreißender Track, der sich aber inhaltlich in einem bunten Potpourri kolonialistischer Afrika-Klischees verheddert, die in losen Assoziationsketten aneinandergereiht zu sein scheinen. Ein vergleichbares Gefühl beschleicht den Hörer bei „Alles Klar“, einem Lied, das Erinnerungen an das von Einheitskitsch und Wir-Gefühl-Pathos getränkte ???Wir sind Wir“ hervorruft. Eine Sportler-Hymne rechtzeitig zu Fußball-EM und olympischen Spielen – ein Schelm, wer hier Kalkül vermutet.

Letztlich trüben diese Kritikpunkte aber nicht den grundlegend zufriedenstellenden Eindruck: Heppner ist in alter Stärke zurück und kann mit seinem neuen Output sicher wieder die Hörer gnädig stimmen, die bei „Solo“ noch skeptisch waren. Eine etwas gewagtere Produktion mit Ecken und Kanten, mehr Fingerspitzengefühl bei der Wahl der Lyrics und ein wenig Mut, gewagte Wege zu gehen – dann hätte Heppners „Heart of Stone“ nicht nur ein gutes Popalbum, sondern ein herausragendes Werk werden können.