Mastertune - 10tacles

Mastertune - 10tacles

Mastertune geben sich selbstbewusst: Als würdige Nachfolger von Front 242 wollen sie verstanden werden – jener Szeneinstitution, die einst das Fundament der Electronic Body Music in Beton goss und gleich mit darunter die Erwartungen an alle Nachgeborenen. Ein großes Erbe also, an dem man sich auch schnell stoßen kann. Mastertune greifen die typischen EBM-Elemente durchaus auf: kantige Sequenzen, säuberlich kalibrierte Rhythmusgerüste und ein betont steriler, emotionsloser Vokalstil, der schon rein atmosphärisch Distanz und Maschinenkälte erzeugen soll. Gitarren? Fehlanzeige. Hier regieren Elektronik, Drumloops und die ganz klassische 4/4-Effizienz.

Mit „10tacles“, ihrem mittlerweile vierten Album, meldet sich die Band nun auf neuem Label zurück. Nach der Trennung von Synthetic Symphony/SPV und der damit einhergehenden Veröffentlichungsodyssee erscheint die CD endlich über Wire-Produktions und steht seit dem 13.11.2000 offiziell im Handel. Ein kleines Hin und Her, das der Band vielleicht etwas Wind aus den Segeln genommen hat – aber immerhin: Das Ergebnis liegt nun vor.

Neun Tracks finden sich auf „10tacles“, wobei „Dear Friend“ gleich in zwei Versionen vertreten ist – eine aufgepumpte, elektronisch durchdeklinierte Variante von „Ein Freund, ein guter Freund…“, jener alten deutschen Schlager-Ikone. Man kann die Idee charmant oder mutig finden; ein echtes Highlight bleibt der Song in beiden Fassungen jedoch nicht. Er wirkt eher wie ein experimentelles Zwischenspiel, das seinen Witz nicht ganz bis zum Ende trägt. Ganz anders dagegen Track 2, „Emotions“: Hier blitzt das auf, was Mastertune vermutlich mit ihrer stilistischen Selbstverortung meinen. Die Beats greifen kraftvoll ineinander, die Sequenzen wirken detailverliebt, und erstmals entsteht die Illusion einer echten Verbindung zwischen Anspruch, Konzept und Hörwirkung. In diesem Stück zeigen Mastertune, zu was sie im besten Fall in der Lage sind – zu einem Sound, der gleichzeitig druckvoll, elektronisch klar und atmosphärisch dicht ist.

Abseits dieses gelungenen Moments fällt es jedoch schwer, das Album tatsächlich dem EBM-Kern zuzuordnen. Vieles klingt eher nach Synthpop mit Electro-Schlagseite, melodischer, zugänglicher und deutlich weicher als die martialische Kälte, die man im EBM-Umfeld erwartet. Tanzbar ist die Platte allemal, und einige Tracks dürften ihren Weg auf Club-Playlists finden, doch der Gesamteindruck bleibt eher kommerziell angehaucht als kompromisslos maschinell. Interessant bleibt „10tacles“ dennoch, vor allem weil es sich um das erste Album nach dem Sängerwechsel handelt: Nach der Trennung im Jahr 1997 von MS.MT.VOC präsentiert sich hier der neue Frontmann SM.MT.VOC, der hörbar versucht, die alte Klangidentität fortzuführen und dennoch eine eigene Note zu setzen.

Fazit: Mastertune-Fans sollten definitiv reinhören. „10tacles“ ist ein solides, gut produziertes Electro-/Synthpop-Album mit einzelnen starken Momenten – aber wer nach einer echten Front-242-Erbfolge oder reinrassigem EBM sucht, wird diese Erwartung wahrscheinlich nicht erfüllt sehen.

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