Die letzten großen Schritte eines Ausnahmeprojekts sind selten leise – und Goethes Erben wären nicht Goethes Erben, wenn sie ihren Abschied nicht in monumentale Kapitel zerlegen würden. Seit 2025 läuft ihre finale Europa-Tour unter dem programmatischen Motto „Dystopie frisst Empathie“, und im März 2026 folgt nun Teil drei. Was nach einem nüchternen Tourplan klingt, ist in Wirklichkeit ein episches Bühnenwerk in Fortsetzungen: Jede Etappe hat ihre eigene Dramaturgie, eigene Bilder, eigene Schwerpunkte. Mal gibt es die ganz große Geste mit Projektionen, Tanz und theatralischen Szenen, mal sind es beinahe intime Abende, in denen Oswald Henke mit Worten, Stimme und Gesten das Publikum in seine Welt zieht – oder stoisch in ihr gefangen hält.
Obwohl das letzte Studioalbum „X“ längst erschienen ist und keine weiteren Tonträger folgen sollen, bleibt die Kreativität nicht auf der Strecke. Neue Stücke entstehen weiter – allerdings ausschließlich für die Bühne. Ein Luxus, den nur wenige Bands ihren Fans gönnen: Wer dabei ist, erlebt Werke, die danach womöglich ins Archiv der Vergänglichkeit verschwinden. Und als ob das nicht schon intensiv genug wäre, verleiht Tänzerin Ida Gross den großen Shows zusätzlich einen körperlichen, visuellen Überschlag. Die musikalische Spannweite reicht vom harschen Industrial-Moment über fragile Klavierakkorde bis zu Streichern, die wie zarte Splitter durch die Luft schneiden. Goethes Erben spielen nicht bloß Konzerte – sie inszenieren einen Abend, bei dem man als Publikum nicht nur Zuschauer*in ist, sondern sich unweigerlich mit hineinziehen lässt.
Doch diesmal sind sie nicht allein unterwegs. Als Special Guest begleiten Unfarben die Reise. Sänger Victor Hildebrand und Bassist Ben Hayn bringen frischen Berliner Nachtschatten in die Sets: dunkle Tanzbarkeit, gebrochene Melancholie und diese eruptiven Energiestöße, die ihre gefeierte EP „Woanders“ schon so unwiderstehlich machten. Wer glaubt, das sei „nur“ eine Vorband, unterschätzt die Kraft, die diese beiden entfalten können.
„Dystopie frisst Empathie“ zieht im März 2026 also weiter – mit vier Stationen in Rüsselsheim, Krefeld, Dresden und Berlin. Es ist kein Museumsrundgang durch 35 Jahre Bandgeschichte, sondern ein lebendiger, brodelnder Prozess, in dem Vergangenheit, Gegenwart und ein bisschen Zukunft gleichzeitig auf der Bühne explodieren. Wer Goethes Erben noch einmal erleben will, hat hier die Gelegenheit, in eine Welt einzutreten, in der Pathos und Poesie auf seltsam berührende Weise verschmelzen.
Dates:
12.03.2026, Rüsselsheim, Das Rind
13.03.2026, Krefeld, Kulturfabrik
14.03.2026, Dresden, Reithalle Straße E
15.03.2026, Berlin, Maschinenhaus/Kulturbrauerei
Letzte Kapitel live: Goethes Erben 2026 mit Unfarben als Begleitung
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