Jean-Michel Jarre - Live In Bratislava

Jean-Michel Jarre - Live In...

Jean-Michel Jarre und Monumentalität – das gehört einfach zusammen. Seit den späten 70ern ist der französische Elektronikpionier ein Meister darin, ganze Städte in leuchtende Bühnen zu verwandeln. Mit 'Bridge From The Future', dem Eröffnungskonzert der siebten Ausgabe des 'Starmus Festivals' am 12. Mai 2024, hat er diese Tradition eindrucksvoll fortgesetzt. Bratislava erlebte ein Spektakel, das mit Superlativen kaum geizte: Über 100.000 Zuschauer vor Ort, Millionen per Livestream und TV, eine Bühne, die mit ihren Türmen die ikonische UFO-Brücke umrahmte, und eine Show, die gleich drei Länder gleichzeitig mit Licht durchflutete. Nun liegt das Ganze als 'Live In Bratislava' in diversen Deluxe-Formaten vor – und ich habe mich ausführlich damit beschäftigt.

Was sofort auffällt: Jarre denkt nie klein. Alle visuellen Elemente stammen von ihm selbst, konzipiert wie eine Partitur, in der Laser, Projektionen, Drohnen und Feuerwerk Teil der Komposition sind. Schon die Eröffnung mit der exklusiven Komposition 'Bridge From The Future – Live In Bratislava' setzt auf Nachdenklichkeit, indem echte Klänge aus dem All in einen meditativen Ambient-Sound eingebettet werden. Später trifft dann Elektronik auf Orchester, wenn Jarre mit Sir Brian May eine elektrisierende Neuinterpretation von Dvořáks 'Neue Welt-Sinfonie' präsentiert. Dazu kommen eigens adaptierte Werke wie 'Bratislava Time' oder 'Rendez-Vous Bratislava', unterstützt von Claude Samard, Adiescar Chase, dem slowakischen Philharmonischen Orchester und einem Chor. Kurz: Musik, die die Grenze zwischen Zukunftsvision und klassischem Fundament verschwimmen lässt.

Das Spektakel selbst verschlug mir beim ersten Schauen den Atem. 400 Drohnen zeichneten kosmische Figuren in den Himmel, während die Donauufer von Projektionen und Lasern in ein futuristisches Panorama verwandelt wurden. Die Show war nicht nur groß, sie war gigantisch – und doch gelang es Jarre, auch intime Momente zu schaffen. Genau diese Dualität aus Monument und Meditation ist es, die seine Konzerte so faszinierend macht.

Doch so euphorisch ich die visuelle Seite loben möchte, so kritisch muss ich beim Thema Ton werden. Ich habe mich ehrlich gesagt ziemlich geärgert. Jarres Musik ist prädestiniert für eine immersive Mehrkanalwiedergabe – nachzuhören etwa auf der hervorragenden Blu-ray 'Live In Notre-Dame'. Hier jedoch handelt es sich um eine Aufzeichnung des slowakischen Fernsehens, die ursprünglich nur in Stereo produziert wurde. Beim Abspielen verteilt sich der Sound kaum im Raum, selbst die Publikumsreaktionen wirken, als würden sie aus einer einzigen Quelle direkt vor mir kommen. Statt eines breiten, lebendigen Konzertpanoramas entsteht so eine flache, fast monotone Klangkulisse – echte Live-Atmosphäre will da nicht aufkommen, und von Gänsehaut bin ich weit entfernt.

Zwar blendet die 4K-Blu-ray zu Beginn einen Hinweis ein, dass das Material ursprünglich in Stereo aufgenommen und erst im Nachhinein von Ingenieuren auf 5.1 hochgemischt wurde. Ja, dieser Hinweis steht auch auf der Verpackung – aber ganz ehrlich: Wer rechnet mit so etwas, wenn ein Release als großes audiovisuelles Erlebnis beworben wird? Hätte ich das vorher ernsthaft erwartet, hätte ich mir die Disc wahrscheinlich gespart. Für ein Produkt, das ansonsten auf Exklusivität und Sammlerwert setzt, empfinde ich das als Enttäuschung. Denn Jarres Musik lebt gerade von Räumlichkeit und Weite – hier aber bleibt sie seltsam flach.

Positiv hervorheben möchte ich immerhin, dass die remasterte CD-Version ordentlich klingt und das Konzert als Ganzes dokumentiert. Auch die Collector’s Box mit Fotobuch und Vinyls macht optisch einiges her. Wer Wert auf das visuelle Erlebnis legt, wird von der Blu-ray trotzdem profitieren – die Bilder sind schlicht spektakulär. Aber aus audiophiler Sicht hinterlässt die Veröffentlichung für mich einen schalen Beigeschmack.

Fazit: 'Live In Bratislava' ist inhaltlich ein Monument – Jarre in Bestform, eine atemberaubende Show, ein historisches Zusammenspiel mit Brian May. Wer sich von der visuellen Dimension fesseln lassen will, wird hier absolut belohnt. Wer jedoch auf bestmöglichen Sound und echtes Konzertfeeling aus dem Heimkino hofft, muss starke Abstriche machen. In dieser Hinsicht bleibt das Release hinter seinen Möglichkeiten zurück. Für Sammler und Fans ein Muss, für Klangpuristen leider ein Ärgernis.

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