Manche Freundschaften sind irgendwie wie Kleber – sie halten auch dann, wenn das Leben dazwischenfunkt. Bei Jan Loges und Markus Wiese war es früher der Ford Escort, der sie über endlose Landstraßen schaukelte, heute sind es vermutlich eher Festplatten, Kabel und spontane Ideen, die ihre Verbindung sichern. Aus verrauchten Proberäumen wurde dann irgendwann ein digitales Projekt, das einer einfachen Regel folgt: Alles ist erlaubt, nichts muss erklärt werden. So entsteht mit 'Ynnerspeaker' ein Sound, der zeigt, dass Kilometer keine Rolle spielen, solange die Kreativität fließt.
Das Debüt 'Keine Distanz' ist meines Erachtens nach kein Wohlfühl-Album im klassischen Sinn – und genau deshalb entfaltet es seine Wirkung. Zwischen Wave, Ambient und Elektronik bauen die Songs dichte Klangschichten auf, die wie Nebel über einer verlassenen Landschaft liegen. Analoge Synths wabern und Soundflächen ziehen sich in langen Linien durch den Raum, Drums klopfen unaufdringlich wie ein gleichmäßiger Puls. Was beim ersten Hören sperrig wirken kann, entfaltet nach und nach eine fast körperliche Qualität: die Musik legt sich nicht nur ins Ohr, sie durchdringt den Raum, ja, den ganzen Körper.
Und dabei passiert etwas Erstaunliches: Trotz all der Düsternis und Schwere haben alle Songs auf 'Keine Distanz' etwas Meditatives. Sie beruhigen, sie erden einen, sie ziehen den Hörer runter von der Dauerhektik des Alltags. Es ist ein bisschen wie ein unfreiwilliger Spaziergang im Regen – erst denkt man „Warum tue ich mir das an?“, aber irgendwann merkt man, dass genau dieser Moment einen wieder auf Null bringt. Die Tracks sind keine schnellen Konsumartikel, sondern kleine Klangrituale, die Zeit und Aufmerksamkeit belohnen. Gerade das macht das Album aus meiner Sicht so besonders. Denn neben der Ernsthaftigkeit hört man auch die Freiheit und den Spaß am Experimentieren. Man ahnt, wie Jan und Markus ihre Spuren hin- und herschicken, sich gegenseitig überraschen und am Ende gemeinsam staunen, was daraus geworden ist. Diese spielerische Offenheit macht das Album trotz seiner dunklen Stimmung zugänglich – es bleibt immer ein Rest Wärme, ein Rest Licht im Nebel.
Für wen also ist ein Album wie 'Keine Distanz' geeignet? Vor allem für Menschen, die Musik nicht einfach nebenbei laufen lassen, sondern sich bewusst darauf einlassen möchten. Für Hörerinnen und Hörer, die Wave-Melancholie schätzen, die sich gern in weite elektronische Klangflächen fallen lassen und die Schönheit in atmosphärischem Ambient entdecken. Dieses Album ist kein schneller Snack, sondern eher ein ausgedehnter Spaziergang durch unbekanntes Terrain – mal dunkel, mal geheimnisvoll, mal überraschend tröstlich.
Mein Fazit lautet also: 'Keine Distanz' ist ein musikalisches Atemholen, das gleichzeitig beruhigt, erdet und herausfordert. Es lädt ein, die Gedanken treiben zu lassen, den inneren Puls zu verlangsamen und sich von Schicht zu Schicht tiefer in den Klang ziehen zu lassen. Ein Werk, das nicht gefällig sein will, sondern ehrlich, roh und dabei erstaunlich meditativ wirkt. Es zeigt, wie Freundschaft und Kreativität – selbst über hunderte Kilometer hinweg – etwas hervorbringen können, das nicht nur Musik ist, sondern auch ein Erlebnis für Kopf und Herz.
Ynnerspeaker - Keine Distanz

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