Xenoblut – schon der Name klingt nach kalter Fremdartigkeit und pulsierendem Blutstrom, nach einer Kraft, die irgendwo zwischen Techno-Club, Kathedrale und Schmelzofen lebt. Hinter dem Projekt steckt ein Act aus Mailand, Italien, der Industrial, Black Metal, EBM, Aggrotech und Noise in einem wütenden Mahlstrom verschmilzt. Mit dem Debüt 'Synthetic Metal' liefert Xenoblut kein gewöhnliches Album, sondern eine Art Ritual – ein finsteres Beschwören von Verzerrung, brutaler Elektronik und dunklen Atmosphären, das eher wie eine profane Messe der Maschinen wirkt als wie eine klassische Veröffentlichung.
Ein Blick auf die Tracklist zeigt schnell, dass hier nicht der kleinste Versuch unternommen wird, harmlos zu wirken. Titel wie 'Begräbnismaschine', 'Gott In Flammen', 'Satan Ist Mein Vater' oder 'Schweinegott' sind schon beim Lesen kleine Faustschläge. Und dann kommt der vielleicht überraschendste Fakt: Obwohl Xenoblut unserer Recherche nach aus Italien stammt, sind die Texte komplett auf Deutsch verfasst – und sie klingen dabei keineswegs nach einem Fremdsprachen-Experiment, sondern eher so, als stünde hier ein Muttersprachler am Mikrofon. Gerade diese sprachliche Schärfe verstärkt die Brutalität der Songs noch einmal erheblich. Worte wie „Schweinegott“ oder „Begräbnismaschine“ haben in dieser Form eine gnadenlose Direktheit, die im Englischen schlicht nicht dieselbe Schlagkraft entfalten würden.
Musikalisch wütet 'Synthetic Metal' als kompromissloses Ungetüm. Verzerrte Beats rattern wie Maschinengewehre, Noise-Schichten türmen sich wie radioaktive Wolken, und dazwischen schneiden Gitarrenriffs wie rostige Kreissägen durch den Dunst. Die Vocals changieren zwischen verzerrtem Schreien, beschwörendem Raunen und kaltem Deklamieren – ganz so, als würde ein Priester einer neuen, gottlosen Religion seine Liturgie über eine apokalyptische Landschaft sprechen. Ich finde es spannend, wie Xenoblut hier nicht einfach nur Genres vermischt, sondern Chaos selbst zur Klangsubstanz erhebt. Diese Mischung aus ritualistischem Aufbau und klanglicher Zerstörung hat etwas hypnotisch Bedrohliches, das einen zugleich abstößt und fesselt. Allerdings muss ich zugeben: Für meinen persönlichen Geschmack gerät das Album stellenweise etwas zu hektisch, die Texte werden häufig eher geschrien als gestaltet, und mir fehlt die eine oder andere unerwartete Wendung, die das Ritual noch facettenreicher gemacht hätte. Aber das ist ganz klar eine Frage der Perspektive – wer genau diese kompromisslose Härte sucht, wird darin die größte Stärke von 'Synthetic Metal' erkennen.
Besonders gelungen empfinde ich die Art, wie die Songs aufgebaut sind. Statt klassischer Strukturen sind sie wie Beschwörungen angelegt: Schicht um Schicht steigert sich das Chaos, bis es in apokalyptischem Lärm explodiert. Mir gefällt daran, dass die Musik dadurch weniger wie ein „Produkt“ wirkt, sondern eher wie eine Zeremonie, die man miterlebt. In dieser cyber-rituellen Atmosphäre kanalisiert Xenoblut Blasphemie und Chaos in profane Invokationen – ein Soundtrack für Untergänge, für den Tanz auf Schuttbergen, für eine Welt, in der Maschinen und Mythen längst verschmolzen sind.
Wer extreme Klangwelten liebt, wer Industrial Metal, Noise und Black Metal als rituelles Erlebnis versteht, wird hier etwas Besonderes finden. Meiner Meinung nach hat Xenoblut mit diesem Debüt einen wuchtigen, kompromisslosen Start hingelegt. Auch wenn mir persönlich ein wenig die Überraschung fehlt und die rohe Direktheit an manchen Stellen zu viel des Guten ist, hat das Album genau dadurch seinen eigenen Charakter. Mir gefällt, dass es nicht belanglos oder beliebig wirkt, sondern eine klare, düstere Vision transportiert.
Xenoblut - Synthetic Metal
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