Also, wenn man über langlebige elektronische Projekte spricht, fällt der Name 'X Marks The Pedwalk' früher oder später zwangsläufig. Seit den späten Achtzigern hat 'Sevren Ni-Arb' bewiesen, dass elektronische Musik altern kann, ohne an Relevanz zu verlieren. Vom kantigen Industrial der Anfangstage über EBM-nahe Strukturen bis hin zu immer stärker ausgeprägten melodischen Ansätzen war dieses Projekt nie bereit, sich auf einen festen Stil festnageln zu lassen. Stillstand war bei 'X Marks The Pedwalk' schon immer ein Fremdwort. Mit 'Insomnia', dem meiner Recherche nach inzwischen 13. Studioalbum, wirkt diese Entwicklung nun nicht wie ein weiterer Karriereschritt, sondern wie ein bewusst gesetzter Punkt in der Gegenwart. Erschienen schon am 27.11.2025 über 'Meshwork Music' und veröffentlicht auf 'CD' und 'Digital', präsentiert sich das Album als reifes, selbstbewusstes Werk, das seine Herkunft kennt, aber nicht in ihr stecken bleibt.
Musikalisch schlägt 'Insomnia' einen Weg ein, der sich meiner Meinung nach über Jahre angekündigt hat und hier endlich seine volle Wirkung entfaltet. Das Album ist klar melodischer als frühe Veröffentlichungen, aber niemals weichgespült. Statt kalter Härte dominiert emotionale Präzision. Elektronische Beats, analoge Synthesizer, dunkle Pop-Melodien und ein subtiler Retro-Touch greifen sauber ineinander und erzeugen einen Sound, der sofort zugänglich wirkt und dennoch Tiefe besitzt. Gerade 2025, in einer Zeit zwischen allgegenwärtiger Retro-Welle, algorithmisch optimiertem Pop und der schnellen Verwertungslogik von Playlists, wirkt 'Insomnia' erstaunlich eigenständig. Das Album klingt weder nostalgisch noch anbiedernd modern, sondern wie eine selbstbewusste Antwort auf die Frage, wie elektronische Musik heute noch relevant sein kann.
Was mir besonders auffällt, ist irgendwie auch die Souveränität mit der 'X Marks The Pedwalk' hier agieren. Die Songs funktionieren nicht über rohe Aggression, sondern über feine Hooks, Atmosphäre und feine Spannungsbögen. Genau das macht 'Insomnia' so stark: Es ist ein Album, das weiß, wann es sich zurücknehmen muss, um im richtigen Moment umso intensiver zu wirken. Thematisch kreist das Werk um Verlust, Abschied, Nähe und das schmerzhafte Auflösen zwischenmenschlicher Verbindungen. Diese Inhalte werden nicht plakativ vorgetragen, sondern sind tief im Sounddesign verankert. Die Musik fühlt sich an wie ein innerer Monolog in schlaflosen Nächten – aufwühlend, melancholisch und dennoch voller Energie.
Der Gesang von 'Estefania' erweist sich dabei als zentraler Faktor. Ihre eingängige Stimme verleiht dem Album eine emotionale Direktheit die den Hörer unmittelbar abholt, ohne aber jemals ins Kitschige abzurutschen. Sie fungiert als verbindendes Element zwischen Pop-Appeal und inhaltlicher Schwere. Unterstützt wird das Ganze von einer Produktion, die klar, warm und durchdacht ist. Nichts wirkt zufällig, nichts überladen. Aus persönlicher Sicht ist genau diese Balance beeindruckend. 'Insomnia' schafft es, eingängig zu sein, ohne banal zu werden – ein echtes Kunststück, das im Bereich der elektronischen Musik längst nicht selbstverständlich ist.
'Insomnia' ist damit ein Album für Hörer, die melodischen Synthpop mit emotionaler Tiefe zu schätzen wissen. Fans von atmosphärischer Elektronik, die nicht nur funktionieren, sondern berühren soll, werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Für langjährige Anhänger von 'X Marks The Pedwalk' markiert dieses Release einen konsequenten, logischen Schritt nach vorne – reif, fokussiert und erstaunlich frisch. Wer hingegen kompromisslose Härte oder nostalgischen Industrial erwartet, könnte hier an der falschen Adresse sein. 'Insomnia' ist kein Blick zurück, sondern ein selbstbewusstes Statement im Hier und Jetzt. Je öfter ich 'Insomnia' höre, desto mehr fühlt es sich wie ein Album an, das nicht nur gehört, sondern auch verstanden werden will. Für mich ist es eines der rundesten und überzeugendsten Werke in 2025 sowie in der langen Diskografie von 'X Marks The Pedwalk' – und natürlich auch ein starkes Argument dafür, warum Erfahrung in der elektronischen Musik kein Ballast, sondern ein echter Vorteil sein kann.
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X Marks The Pedwalk - Insomnia
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