Was bitte ist NU GOTHIC?, haben sich Bert und ich uns gefragt, als wir die neue Maxi und das Promomaterial von WooDLawn in den Händen hielten. Ich tippte spontan auf eine stilistische Nähe zum altbekannten Nu Metal und lag damit gar nicht so falsch. Denn WooDLawn beschreiben ihre Musik selbst als eine Art Mixtur aus Gothic Rock und Nu Metal, durchsetzt mit elektronischen Elementen. Warum sie sich allerdings mit Nu Metal identifizieren, ist mir nicht ganz klar. Von WooDLawn – benannt nach einer irischen Kleinstadt, die für die Bandmitglieder eine besondere Bedeutung hat – habe ich das erste Mal durch das Gothic Magazin Nr. 31 erfahren, denn auf der dazugehörenden Compilation Part XI sind WooDLawn mit dem sagenhaften, mystisch-beklemmenden Song "In my brain" vertreten. Die eigenwillige Mixtur aus melodischem Gothic, fetten Gitarren und der faszinierenden Stimme von Martina Braig begeisterte mich sofort. Nun legt die mittlerweile als Quartett auftretende Band (nach ihrem Debüt im September 2000 und einer Maxi) ihre neueste 4-Track Veröffentlichung vor. Der Titeltrack "Sunlight" besticht durch einen kraftvollen aber auch verträumt-melancholischen Sound mit atmosphärischen Synthie-Elementen und fetten Metal-Riffs (von Nu Metal möchte ich hier trotzdem nicht sprechen!). WooDLawns Stärke aber ist zweifellos Martinas Stimme, die – mal engelsgleich, mal düster kraftvoll – die Songs mit einer beschwörenden Hingabe intoniert und dabei aus dem Vollen ihrer stimmlichen Bandbreite schöpft. Vergleiche mit stimmgewaltigen Damen wie Gitane Demone oder Karen King von Killing Ophelia oder Sonja Röder von Non Compos Mentis kommen mir spontan in den Sinn. Auch die drei anderen Songs (schön, dass diese Maxi gleich vier unterschiedliche Songs bietet und endlich einmal auf überflüssige Remixe verzichtet) sprühen nur so vor Melodien, Experimentierfreude und Abwechslungsreichtum. Außerdem glaubt man stellenweise noch die Folk-Rock/-Metal Wurzeln der seit fast 10 Jahren bestehenden Formation herauszuhören. 10 Jahre übrigens, in denen WooDLawn viel experimentierten, durch die Länder tourten (unter anderem auch auf dem WGT und die Herbstnächte) und ein paar Besetzungswechsel hinter sich gebracht haben. WooDLawn machen Musik, die aus der Seele der Bandmitglieder kommt und sich ihren Weg direkt ins Herz des geneigten Hörers bahnt. Auch wenn bei WooDLawn z.T. Violine und das historische Krummhorn zum Einsatz kommen, darf man ihre Musik keinesfalls in die Schublade des zum Teil belanglosen Folk-/Mittelalter-Rocks schieben. WooDLawn sind kreativ, vielseitig, ehrlich und direkt, mit einem Händchen für – wie sie selbst sagen – bittersüßen, melancholischen Gothic-Metal. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf den kommenden zweiten Longplayer "Sliver", an dem das Quartett derzeit arbeitet. Aber mit dem Begriff des Nu Gothic mag ich mich immer noch nicht so recht anfreunden. Vielleicht gibt es ja dann bald auch den Nu-Pop (die Ära nach dem Future Pop???); ein Neo-Pop-Sampler steht ja bereits in den Plattenläden...