Manchmal reicht ein Song, um die Grenzen zwischen Sakristei und Tanzfläche endgültig einzureißen. Livrai-nos do Mal, Amém ist so ein Ding – ein Track, der klingt, als hätte jemand die Lautsprecher einer brasilianischen Kirche direkt mit einem Rave-Floor kurzgeschlossen. Tribal-Percussion hämmert, elektronische Beats pumpen, und zwischendurch segnen einen Samples, die so heilig wirken, dass man fast erwartet, gleich Weihwasser über die Boxen spritzen zu sehen.
Dabei ist der Song eigentlich gar nicht neu. Ursprünglich erschien er sogar schon 2010 auf der streng limitierten CD Rogai-por nós, Pecadores, die damals fast so schwer zu finden war wie ein ehrlicher Fernsehprediger mit kleinem Konto. Am 1. September 2025 ist das Stück nun endlich digital veröffentlicht worden – und damit für alle verfügbar, die nicht zufällig schon vor 15 Jahren mit einem handgebrannten Exemplar im Regal prahlen konnten.
Inhaltlich bleiben Pecadores natürlich dem Motto treu: Schonungslos und mit einer guten Portion schwarzem Humor sezieren sie das religiöse Panorama Brasiliens. Wo in den 80ern noch katholische Tradition dominierte, explodierte in den 90ern die Zahl evangelikaler Kirchen und Sekten – und mit ihr eine Geschäftsidee, die weniger nach „Nächstenliebe“ und mehr nach „Klingelbeutel als Goldesel“ klang. Pecadores dokumentieren genau diese Entwicklung in ihren Texten: wahre Geschichten aus Gottesdiensten, die zwischen ekstatischer Frömmigkeit und knallhartem Geschäft changieren.
Dass das Ganze dann auch noch mit Beats unterlegt wird, die problemlos jede Clubnacht veredeln könnten, ist das Sahnehäubchen. Livrai-nos do Mal, Amém ist kein stilles Kirchenlied, sondern eine akustische Ohrfeige – ein „Amen“ mit doppeltem Boden sozusagen. Nach Jahren im Schatten tauchen Pecadores damit wieder auf und beweisen: Sündigen kann verdammt groovy klingen.
Von der Kirchenbank auf den Dancefloor: Pecadores heben alte Perle ins Netz

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