Die Erwartungen der Fans waren nach der Veröffentlichung von "Matter + Form" vor 2 Jahren enorm hoch. Hatte doch eben dieses Album die Fangemeinde des irisch-englischen Duos gespalten wie kein anderes vorher. Schon bevor die ersten Snippets bei MySpace und auf der Metropolis-Seite zum Anhören bereitstanden wurde spekuliert, was das Zeug hielt. Mit der Bereitstellung der Songausschnitte erhielten die Diskussionen neue Nahrung, wobei die Mehrheit begeistert schien. Mit "The Farthest Star" und "Nemesis" im 'Divine Command Edit' wurden dann auch noch zwei ausgesprochen starke Songs als Appetithäppchen der hungrigen Fangemeinde kredenzt. Aber die grösste Frage blieb: Kann "Judgement" in seiner Gänze das halten, was die Snippets und die beiden Songs versprechen? Kurze Antwort: Ja - und wie!!!

Eröffnet wird das Album mit einer extrem geilen "Prelude" die auch (da schliesse ich mich der Meinung vieler Hörer an) ohne weiteres als wunderbares Konzert-Intro getaugt hätte. Mit "The Farthest Star" und "Testament" folgen zwei druckvolle Songs bevor mit "Descent" ein extrem ungewöhnlicher Song folgt. Aber gerade diese Endzeitstimmung von "Descent" ist in meinen Augen ein wichtiger Bestandteil im Gesamtkonzept von "Judgement". Ich fühle mich an Szenen aus den Terminator-Filmen erinnert, wo die Menschen von den Maschinen durch eine postapokalyptische Trümmerlandschaft gehetzt werden, mit Scheinwerfern, die den Himmel durchkreuzen und Flugmaschinen, die den Erdboden nach Flüchtenden absuchen um sie dann kalt und hinterrücks zu liquidieren. Seien wir mal ehrlich - ein zu utopisches Bild ist dies wohl leider nicht. OK - Pessimismus Modus aus... "Momentum" schliesst sich an - soundtechnisch und von meinem Eindruck her sehr stark in die Fussstapfen von "Matter + Form"s "Strata"/"Interceptor" tretend. Nichtsdestotrotz ein im Zusammenhang passender Track. Nicht überragend, nicht besonders stark aber durchaus passend. Umso stärker dann "Nemesis", ein richtiger Clubtrack, bevor mit "Secluded Spaces" dann die ruhige Phase von "Judgement" eingeleitet wird.

"Secluded Spaces" ist das exakte Gegenteil zu "Descent", eine Reminiszenz an eine immer weniger präsente Stimmung in dieser hochtechnisierten durchgestylten und regulierten Welt. Gerade aus diesem Moment heraus eine der ganz starken Nummern auf "Judgement" und im Gespann mit "Illusion" und "Carry You" verantwortlich für den versönlichen und hoffnungsvollen Ausklang des Albums, der letztendlich von dem auch gut als 'Herr der Ringe'-Soundtrack-tauglichen "As It Fades" bestritten wird. Ein atmosphärischer Song, der den Hörer auch an die Grauen Anfurten entführen könnte, wo das Letzte Schiff Mittelerde verlässt.

"Judgement" ist ein sehr nachdenklich machendes Album geworden, textlich und musikalisch anspruchsvoll, voller unterschiedlicher Emotionen und genauso die unterschiedlichsten Gefühle erzeugend. Nach "Empires" sicherlich das Album, das am meisten überzeugen kann. Wer mit dem kühl-digitalen "Futureperfect" oder dem zwiespältigen "Matter + Form" nie ganz warm geworden ist, dürfte mit "Judgement" wieder versöhnt sein. Ein ganz großes Teil!