Ein Schritt vor und zwei zurück. So in etwa stellt sich für mich die neue Platte von Vintersorg dar. Nach den teilweise recht harschen Kritiken an den Vorgängeralben, welche sich abseits der Wurzeln der Band befanden, sucht der Meister wieder die Nähe der Natur. Schluss mit Themen über Kosmos oder Physik - Spiritualität soll wieder die Natur zaubern. In Zeiten wo Umweltschutz zum Lifestyle aufsteigt, wahrlich keine schlechte Idee. Die Rückkehr zur Mutter Natur ist aber beileibe nicht die einzige, denn nach acht Jahren singt Andreas Hedlund wieder in seiner schwedischen Muttersprache, was der Stimmung der Songs noch einen zusätzlichen, ursprünglichen Touch einhaucht. Auch wenn die Songs nicht sofort den Funke zum Überspringen bringen, lässt dich diese Platte so schnell nicht los. Man merkt sofort, dass es eine Menge an Feinheiten zu entdecken gibt. Da finden wir neben den gewohnt brillant eingespielten Drums und Gitarren (akustisch wie elektrisch), Violen, Harfen und auch eine Flöte schaut hinter dem Baum hervor. All dies eingebettet in einen erfrischenden und sehr offenen Sound, der einem zum Entspannen in der Natur einlädt. Das selbst die oft abrupten Tempo- und Instrumentenwechsel die Ruhe und Relaxtheit der Songs in keiner Sekunde stören, zeigt die perfekte Symbiose des scheinbar Gegensätzlichen. Alles zerschmilzt zu einem Ganzen, der Hörer kann sich ganz in den Songs fallen lassen. Die elektrischen Gitarren zerdrücken die Stimmung nicht und fügen sich sensibel in die etwas vertrackten Songstrukturen ein. Als Anspieltipps würde ich denn Opener „Döpt I En Jökelsjö“ sowie „Idétemplet“ empfehlen. Für den Opener spricht, dass er sofort die neue, alte Richtung anzeigt, und klar macht, was der Zuhörer in den nächsten gut 50 Minuten zu erwarten hat. Zarte Akustikgitarren treffen auf wilde unbändige Black Metal Riffgranaten, Hedlunds zerbrechliche Stimme auf rohes und raues Gekrächze. Weiteres Highlight bildet für mich das erwähnte „Idétemplet“. Hymnenhafte Passagen, vermischt mit kaltem Black Metal fügen sich gekonnt zu einem außergewöhnlichen Song zusammen. Hedlunds Stimme fasziniert und hypnotisiert, dass man die im ersten Teil des Songs mit extremer Geschwindigkeit gespielten Riffgrananten nur beim genauesten Zuhören überhaupt wahrnimmt. Was man dem Album vorwerfen kann, wenn man denn möchte, ist die relative Gleichförmigkeit der Songs, aber nicht der Songstrukturen, denn die erschließen sich erst nach und nach. Aber gerade diese oberflächlich betrachtete Strukturlosigkeit lässt es nicht zu, dass sich ein Song direkt abheben kann. Der Überhit fehlt, würde aber auch dem Anspruch des Albums nicht entgegen kommen, welches qualitativ kein Auf und Ab erlebt. Für alle diejenigen, die Spaß an folkloristisch angehauchter Musik und der Natur haben, sicherlich ein passendes Album - für den Natur all das ist, wo Bio drauf steht, wohl doch eher schwer zugänglich. Vintersorgs wiedergewonnene Begeisterung für folkloristische Musik ist förmlich spürbar, es kann von einem Neuanfang gesprochen werden.