„Osmium ist ein chemisches Element im Periodensystem der Elemente mit dem Symbol Os und der Ordnungszahl 76. Es ist ein hartes, sprödes, blaugrau oder blauschwarzes Übergangsmetall der Eisengruppe. Es zählt außerdem zu den Platinmetallen. (...) In abrasiven und verschleißenden Anwendungen wie Schreibkugeln in Kugelschreibern, phonografischen Abtastnadeln, Wellen und Zapfen im Instrumentenbau sowie elektrischen Kontakten kommen harte osmiumhaltige Legierungen der Platinmetalle zum Einsatz.“ (Quelle: Wikipedia). So – jetzt sind wir zwar ein bißchen schlauer, aber viele werden sich fragen, was dieser Exkurs in die Chemie eigentlich mit der vorliegenden EP namens „Strange Behaviour“ und deren Urheber Orpheus In Red Velvet zu tun hat. Ganz einfach – der Herr, der hinter diesem Ein-Mann-Projekt steckt, hat sich genau jenes Metall als Pseudonym ausgesucht, allerdings mit zwei schicken eckigen Klammern um das [Os]. Nachdem das also geklärt ist, können wir uns nun dem musikalischen Wirken des Herrn [Os]mium zuwenden. Das Projekt Orpheus In Red Velvet wurde bereits 1995/1996 aus der Taufe gehoben. Einige Demo-Tapes wurden veröffentlicht, doch hauptsächlich war [Os]mium von 1996 bis 2003 als Live-Keyboarder bei Diary of Dreams und danach bei Plastic tätig, bevor er sich 2004 wieder an sein eigenes Baby erinnerte, alte Songs überarbeitete, neue schrieb und seine technischen Möglichkeiten verfeinerte. Das Ergebnis aus den Jahren 2004 bis 2007 ist nun auf eine blutrote Scheibe gebrannt, mit einem für eine Eigenproduktion außergewöhnlich attraktiven Artwork. Bevor man die CD in den Player legt, sollte man allerdings ganz schnell vergessen, daß Osmium eines der härtesten Metalle ist, denn was zunächst aus den Lautsprechern dringt ist alles andere als hart und schon gar nicht metallisch. Ein warmer, synthetischer Klangkosmos hüllt statt dessen den Hörer ein, bevor man plötzlich durch einen Schrei hochgerissen wird, um sogleich wieder von sanften Klaviertönen und weichem Gesang aufgefangen zu werden. Ein schöner Einstieg. Im Gegensatz dazu präsentiert sich der folgende Track flott und poppig. Obwohl mir hier ein wenig das Überraschungsmoment fehlt, geht „Unsustainable“ flüssig in's Ohr und könnte sogar das eine oder andere Beinchen zucken lassen. Bei „Silence's Embrace“ und „In Need Of Care“ bleibt vor allem der rhythmische Refrain im Gedächtnis haften, doch im Folgenden kristallisiert sich immer mehr heraus, daß die Stärke von Orpheus In Red Velvet eindeutig in den langsamen Songs liegt. Ob durch atmosphärische Flächen bei „Memento“, die sich nach und nach zu einer fast schon bombastischen Synthpop-Ballade steigern oder mittels melodischem Piano bei „Backdoor“, beide Titel lassen Gänsehautfeeling aufkommen. Daß ausgerechnet der einzige deutschsprachige Track sowohl was Songwriting als auch Gesang betrifft deutlich abfällt, ist schade, jedoch wird man durch das abschließende „Ceaseless“ mehr als entschädigt. Mit düsterem Unterton, flüsternden Einschüben, leicht rauchigem Timbre in den Vocals und einem fesselnden Refrain hat dieser Song alles, was einen (meinen) Favoriten ausmacht. Großes Kino, bitte mehr davon! Wenngleich der Gesang an manchen Stellen etwas hakt und die kompositorische Seite hier und da noch ausbaufähig ist, eines stellt die „Strange Behaviour E.P.“ auf jeden Fall dar: Einen guten Ausgangspunkt, um vielleicht in Zukunft einem der ehemaligen Arbeitgeber das Wasser reichen zu können, denn wie heißt es so schön im Booklet: „...It's not meant to be perfect but to mark the point from where we start...“