Das innovative schwedische Electrolabel Progress Productions machte in jüngster Vergangenheit mit einem stilsicheren Bandroster von sich reden, in dem unterschiedliche Spielarten des (düsteren) Electro ihren Platz hatten, ohne sich dabei gegenseitig den berühmten Blick über den Genre-Tellerrand zu verbauen. Industrial, Future-Pop, Synthpop, EBM und – in zunehmendem Maße – unangepasster Indiepop formierten einen Veröffentlichungskalender, über den nun die dritte Ausgabe der Labelcompilation „Born // Evolve// Progress“ eine gute Übersicht verschafft. Das leicht martialische Cover mit einem brennenden Flugzeug mag jedoch zunächst so gar nicht zur Musik passen, denn mit dem Independent-Künstler Henric de la Cour, dessen Solodebüt dieser Tage erscheint, gibt es als Opener gittarengestützten 80sPop, dem man in ähnlicher Form auch auf den aktuellen Alben von OMD oder der Mirrors lauschen durfte. Nett, gute Stimme, aber wenig spektakulär. Dies ändert sich mit dem Beitrag der Band „Kite“. „Ways to dance“ erschien bereits auf einer der mittlerweile vier (!) EPs , wurde hier allerdings in einem bislang unveröffentlichten Remix von Leaether Strip auf Scheibe gebannt. Der straighte Basslauf korrespondiert erstaunlich gut mit der wirklich einzigartigen Stimme des Sängers und sorgt im Verbund mit dem melodiösen Instrumentalpart für gute Laune beim Konsumenten. Damit ist es anschließend aber vorbei, die Clubbretter von Red Cell und Covenant changieren zwischen songorientiertem Dark-EBM und sphärischem Electro, wobei insbesondere der Covenant-Track nachhaltig in den Gehörgängen haften bleibt – eine der besseren Versionen von „Lightbringer“. Mit „Deviant“ von Code 64 hat es mein persönlicher Synthiehit des Jahres 2010 ebenfalls auf die Compilation geschafft. Die scharfkantigen Dancesounds wurden von „Spark! zugunsten eines radiotauglicheren Backingtracks entfernt. Das Resultat ist durchaus annehmbar, reicht jedoch nicht an das Original heran. Anschließend legt der Sampler mit Necro Facility und Cryo einen Zahn zu. Fans beider Bands werden an den unveröffentlichten Songs/Mixen ihre Freude haben, doch mich hat der allgemeine Hype um Necro Facility noch nicht erfassen können. Ziemlich nichtssagend „dubt“ der Song vor sich hin und ist dann nach ein paar aggressiv-verzerrt vorgetragenen Textzeilen auch schon vorbei. Da kommt das geniale „Popkomplex“ von „Spark!“ gerade recht, um den Rezensenten wieder positiver zu stimmen. Der größtenteils in schwedischer Sprache gesungene EBM-Pop dient lt. Label als Vorgeschmack auf das in Bälde erscheinende Album. Man darf gespannt sein, ob dieses Konzept auch auf Albumlänge funktioniert. Gleiches gilt für die „Titans“, deren vorab digital ausgekoppelte MCD hervorragende Kritiken erhielt, während „Dried Out“ auf diesem Sampler die Vorschusslorbeeren nur ansatzweise rechtfertigen kann. Die restlichen vier Beiträge setzen leider keine neuen Akzente mehr, wobei „Mommy hurt my head“ den etwas zu kurz gekommenen Industrial-Sektor adäquat bedient. Mr. Jones Machine und System haben sich mit den Mixen ihrer jeweiligen Songs keinen Gefallen getan, insbesondere letztgenannte Band zerstört mit den moderneren Sounds das analoge Retro-Feeling von „Inheritance“ nahezu komplett. Dieser Sampler verdeutlicht erneut, welch große Bandbreite an interessanten Bands bei Progress Productions mittlerweile unter Vertrag steht. Auch wenn nicht jeder Mix gelungen ist, erfüllt die Compilation ihren Zweck und promotet hoffnungsvolle Talente im Windschatten der großen Zugpferde. Watch out for SPARK!