Angriff ist die beste Verteidigung – dieser Spruch scheint nicht nur im Fußball seine Berechtigung zu besitzen. Auch die Färöer von Tyr handeln nach dieser Devise. Wer rastet, der rostet. Und so liefern sie uns ein Jahr nach „Land“ schon den nächsten Wikingerbolzen: „By The Light Of The Northern Star“. Bisher prägten sich Tyr mir nur durch ihre vertrackten Songs ein, denen man vor allem bei Live-Auftritten kaum folgen kann. Doch gleich der Opener „Hold The Heathen Hammer High“ kommt untypisch eingängig daher. Zwar setzen Heri und seine Mannen erneut auf die urtypischen progressiven Rezepte und nicht auf partytaugliche Mitgröl- und Wohlfühlmelodien - doch der Opener zeigt einen gelungenen Spagat. Mit dem folgenden „Tróndur í Gøtu“ geht es dann aber gleich einen Schritt zurück – genau die Art an Metal, die links rein und rechts raus geht. Da kann man die Lautstärke an der heimischen Anlage noch so laut aufdrehen – es fliegt vorbei. Positiv an „By The Light Of The Northern Star“ ist, dass man etwas zugänglicher geworden ist. „Into The Storm“ ist Schunkel-kompatibel und beherbergt einige feine Gitarrensoli, welche ich in der Art von Tyr noch nicht vernommen habe. Doch bei aller Freude, kommen auch die typischen Kopfwackler wieder hervor. Und ich meine nicht Headbangen. Bei allem Respekt, sich nicht in den Pagan-Viking-Whatever-Einheitsbrei einzureihen, bleibt doch der Kick weitestgehend auf der Strecke. Zwar unterhält das (Fast)-Instrumental „Turið Torkilsdóttir“ mit seinen klassischen Heavy Metal-Elementen, doch der theatralische Gesang will einfach nicht dazu passen. Und auch „By The Sword In My Hand“ beginnt sehr vielversprechend (und drück zunächst gegen die Wand), doch pendelt sich der Song (obwohl immer noch sperrig) recht schnell in geordnete Bahnen. Eine riskante Mischung aus Progressivität und Vorhersehbarkeit. Dennoch muss ich sagen, dass der Großteil der Songs für Tyr-Verhältnisse sehr eingängig und melodisch ausfällt. „Hear The Heathen Call“ ist ein weiteres Beispiel. Ein ordentlicher Mitsing-Refrain macht schon eine Menge aus – auch wenn gerade das Schlagzeug bereits ab dem Opener immer im selben Gang stecken zu bleiben scheint. Da wäre ein wenig mehr Abwechslung nett. Die gibt es dann aber doch noch: Der Rausschmeißer „By The Light Of The Northern Star“ zeigt zumindest in den Strophen, dass es auch anders geht. Fazit: Tyr zeigen sich auf dem aktuellen Album zugänglicher. Die Gitarren sind recht melodisch und die meisten Refrains auch beim ersten Durchlauf erschließbar. Trotzdem fehlt der Band immer noch der richtige Kick, um langfristig zu begeistern. Aber die Christianisierung hat ja auch nicht nur einen Tag gedauert. Die Hoffnung stirbt zuletzt.