"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit"

Es spielt keine Rolle, ob das Zitat von Einstein stammt oder nicht - es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr. Und so kaufte ich trotz des Wissens, dass ich mich ärgern werde, natürlich auch den zweiten Teil von "Destroyer", jenem ditten Album von Tr/st, das es aus mir nicht verständlichen Gründen nicht auf eine Pressung geschafft hat und das auch kein Booklet verdiente. Und natürlich ärgere ich mich, denn dieses Mal gibt es nur 30 Minuten Musik. Zusammen mit dem ersten Teil wären das also 62 Minuten. Kurz: ein komplettes Album. Nicht einmal ein außergewöhnlich langes. Nun aber 2x Vollpreis für zwei wirklich lieblose Pappschuber ohne Beiblatt, und Artworks, die im Falle von Teil 2 nun auch nichts für den Nachtschrank sind. Diese Form der Veröffentlichung verhindert meiner Ansicht nach bereits eine vorbehaltlose Kaufempfehlung, denn diese Vermarktungspolitik kann ich nicht gutheißen. Ja, ich bin selbst und im vollen Bewußtsein darauf hereingefallen, der Raucher kauft aber selbst auch das Päckchen, obwohl er weiß, dass der Genuss schädlich ist – empfehlen wird er den Konsum nicht. Geht denn musikalisch etwas auf Teil 2?

Der erste Teil brachte mir zu wenig Innovation im Tr/st Klangkosmos und beinhaltete zu viele "nur nette bis gute" Songs. Im ersten Moment verhält es sich auf vorliegendem Silberling ganz ähnlich – dieses Mal aber habe ich den Eindruck, dass ich das neue oder angestrebte Motiv im Sound deutlicher erkenne: ruhige, unaufgeregte Dream Pop Anleihen. Beim ersten Durchlauf, den ich traditionsgemäß immer nur nebenher mache um einen Grundeindruck zu gewinnen, bevor ich mich mit einem Album dann konzentriert auseinandersetze, wartete ich zugegebenermaßen darauf, wann es denn nun wirklich losgeht. Doch nach vielen darauf folgenden Durchläufen habe ich mich mit fast allen Songs nicht nur angefreundet sondern sie sehr lieb gewonnen. Nein, es ist nicht mehr die Tanzbarkeit und die Kraft, die mich bei Tr/st mitreißt, sondern die melancholisch sanfte Zerbrechlichkeit, die mich berührt. Nach einem einleitenden Hybrid aus Intro und Song, der sanft verzaubert, folgt mit "Iris" der fast schon krachigste Titel – vorbei die Tage von "Dressed for space" oder "Icabod". Nach einem nur netten "Darling" ist das zarte "Cor" einer der Höhepunkte des Albums. Es folgt der Titeltrack, der selbst so ein Bückenschlag zwischen dem wavigen 80er Sound der vergangenen Tage, einem Hauch Dramatik eines Henric de la Coer und einigen Coldplay Songs ist. Ganz wundervoll. Im Anschluss ist auch Platz, um in "Shame" die Melodie von "Iris" neu aufzugreifen und sich in der Unendlichkeit der Sehnsucht zu verlieren. "The stain" dann noch ein sanfter Schmachter, ausgesprochen gelungen und "Slow burn" erinnert im Sound noch einmal an die Anfänge des Projektes, beginnt eher sanft und wird dann zu einer im Sound und Aufbau typisch kreativen Tr/st Nummer mit druckvollerer Rhythmik.

Ach, ich stelle mir 'The destroyer' als ein Ganzes vor: Zu Beginn holt Robert Alfons den Hörer mit "Colossal", "Gone" oder "Unbleached" noch auf gewohnte Weise ab um anschließend immer weiter zur Ruhe zu kommen und dahinzutreiben ohne belanglos zu wirken. Auf der zweiten Albumhälfte schweben Musiker und Hörer gemeinsam durch die Nacht. Tr/st ganz verletzlich, die Hüllen gefallen, keine Tanzbarkeit mehr vorgeschoben. Und schließlich mit "Slow burn" die Versicherung, dass alles okay ist und es für alle Beteiligten weitergehen kann. Ja, das wäre ein großes (weil kleines) Album gewesen, Tr/st hätten es erneut geschafft, mit einem neuen Album ein musikalisch neues Kapitel zu beginnen. Am Stück gehört hätte es auch mehr Sinn ergeben, dass Teil 1 noch recht typisch beginnt. Und irgendwie ist es auch so, 'The destoyer' 1 und 2 sollen auch zusammengehören. Aber... und hier wiederhole ich nur meine Gedanken aus dem ersten Absatz und ende damit, dass ich aufgrund der Form des Releases nicht zum Kauf raten kann.

 

Tr/st

The destroyer part two

 

01.11.2019

Grouch

 

https://trstmusic.bandcamp.com/album/the-destroyer-2

 

01. Enduring chill

02. Iris

03. Darling

04. Cor

05. Destroyer

06. Shame

07. The stain

08. Slow burn