Da gibt es diese Releases bei denen man schon beim Auspacken merkt: Das hier ist kein gewöhnliches Stück Musik, sondern sozusagen ein Tor in eine andere Welt. 'Diadem Of Fire' von 'Trepaneringsritualen' ist dann genau ein solches Release – eines, das nicht einfach in ein Regal gestellt wird, sondern ehrfürchtig wie ein Ritualobjekt behandelt werden sollte.
Dass dieses Werk beim legendären Label Ant-Zen erscheint, verleiht dem Ganzen noch eine weitere Dimension. Ant-Zen, gegründet schon in den frühen 90ern von 'Stefan Alt' alias Salt, hat die deutsche und internationale Industrial-Szene geprägt wie kaum ein anderes Label. Vom Tape-Label zum stilprägenden Aushängeschild, bekannt für extravagante Verpackungen und kompromisslose Veröffentlichungen: Ant-Zen war immer schon mehr als nur Musikvertrieb. Die Platten sind Kunstwerke, Sammlerstücke, kleine Schreine des Industrial-Undergrounds. Dass 'Trepaneringsritualen' hier veröffentlicht wird, wirkt fast unausweichlich – als hätten zwei Kräfte, die denselben dunklen Stern umkreisen kollidiert.
Musikalisch brennt 'Diadem Of Fire' wie ein Pechfackelzug durch die Nacht. Industrial-Rhythmen hämmern brutal in den Boden so als wolle jemand die Pforten zur Unterwelt aufstemmen, während klirrendes Metall wie rostige Ketten im Wind klingt. Darüber erhebt sich die Stimme von 'Thomas Martin Ekelund' – mal ein manisches Murmeln, mal ein rauschhaftes Brüllen, immer irgendwo zwischen Beschwörung und Bedrohung. Es ist diese Stimme, die den Ritualcharakter verstärkt: Man hat nicht das Gefühl, einem Song zuzuhören, sondern einer Messe beizuwohnen.
Und dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – ist das Ganze erstaunlich meditativ. Wer sich darauf einlässt, kann sich in den Klangwänden verlieren, so als würde man in einen Abgrund blicken und feststellen, dass die Dunkelheit nicht nur Angst macht, sondern auch eine seltsame Form von Ruhe schenkt. Während draußen der Alltag tobt, sitze ich mit Kopfhörern da, lasse mich von 'Diadem Of Fire' überrollen – und merke, wie das Chaos plötzlich Sinn ergibt. Es ist, als würde Ekelund mit jedem Schlag, jedem Grollen, jeder Zeremonie meine innere Unruhe in Schutt und Asche legen.
Die physischen Editionen treiben das Ganze auf die Spitze: Eine 7"-Vinyl mit Hardcover-Buch, die so edel wirkt, dass man sie fast nur mit Handschuhen anfassen möchte, und eine winzige 3"-CD mit acht Postkarten, die wie okkulte Artefakte anmuten. Beides sind streng limitierte Editionen, die Ant-Zen-Tradition pur atmen – Musik zum Anfassen, zum Erleben, zum Verehren. Schon beim ersten Durchblättern der Collagen hatte ich das Gefühl, mich in einem geheimen Manuskript zu verlieren.
Mein persönlicher Eindruck? Dieses Release macht mich süchtig. Ich habe die EP zuerst nachts im Wohnzimmer ohne Kopfhörer gehört und irgendwann kam mir der absurde Gedanke, ob die Nachbarn wohl gerade überlegen, ob ich eine Totenmesse abhalte oder einfach nur sehr experimentelle Musik konsumiere. Aber genau das ist irgendwie der Reiz: 'Diadem Of Fire' ist beides – unheimlich und befreiend, bedrohlich und beruhigend, ein Schlag ins Gesicht und eine Umarmung zugleich. Das Release ist also nichts für Menschen, die Musik nur als Hintergrundrauschen nebenbei laufen lassen.
Wie schon so oft gesagt & geschrieben - ein solches Release fordert volle Aufmerksamkeit – und es belohnt einen dann aber mit einer Intensität, die kaum ein anderes Projekt erreicht. Wer Industrial, Ritual und okkulte Klangwelten liebt, findet hier ein absolutes Muss. Wer hingegen beim Wort „Industrial“ eher an „Rammstein-light“ denkt, sollte besser die Finger davon lassen. Für mich ist dieses Release eine Offenbarung: ein musikalisches Ritual, das mich erschüttert, beruhigt und euphorisiert. Danke Thomas Martin Ekelund, danke Stefan Alt.