Zeitgleich mit der vor kurzem erschienenen „Säuglingshängwerk Aushilfsheins“ veröffentlichte Martin Lang über sein eigenes Label Traumorgane-Kreationen auch „Todesstoß“. Ein offizielles Debut also nach gerade einmal 12 Jahren des Bestehens? Eine neue Ausrichtung des Sounds? Etwas für den durchschnittlichen Musikkonsumenten geeignetes? Nein nein nein – keine Sorge. Alles bleibt (fast) beim Alten.... oder ist das gerade ein Grund zur Sorge? Joseph Beuys brachte Butter an die Wand und verteidigte diese „Fettecke“ als Kunstobjekt. Zweifler gab es genügend. Und wie Herrn Beuys ging es vielen Menschen mit einer etwas verqueren Vision – Kunst ist nicht objektiv. Gegen Zweifel kämpft Martin Lang sicherlich schon eine Weile an. Seine Kunst umfasst Bilder, Fotografien, Lyrik und eben auch Klangerzeugnisse. Und bei allem kann man sich nicht sicher sein, ob das nun künstlerisch wertvoll ist. Was die musikalische Welt aber betrifft, so kann ich als langjähriger Konsument auf jeden Fall einen gewissen Wert zusprechen. „Todesstoß“ ist zu Beginn ein ganz typischer Beitrag. Das in der DVD Hülle versendete Album mit mühevollem und für Freunde des Lang'schen Schaffens gelungenen Booklet bietet während der ersten 2 Songs Ohrschmerzen deluxe. Was bei „Autoaggressive Wut der Verzweiflung“ noch ruppig, ungestüm, ungeplant und für 99% der Hörerschaft absolut talentbefreit erklingt ist aber eine deutliche Entwicklung, die sich mit jedem Lied mehr und mehr zeigen wird. Gerade der 20minütige Beitrag „Ich blute Zerstörung“ hat eine deutliche Struktur, ein Schema, einen fast schon durchgängig aufrecht erhaltenen Takt. Na klar, wir hören mies produzierte E-Gitarren aus dem Nebenraum, einen DosenDrummer, der eben da ist oder eben nicht und Vocals fern des Verständlichen (sowohl textlich als auch sinngemäß) – aber denoch wirkt der Song noch geplanter als die Stücke auf „Säuglingshängwerk Aushilfsheinz“. Und dann der krasse Bruch, die Überraschung und für 98,5% aller Hörer ein weiterer Grund, das Musikprojekt als miesen Unsinn abzutun (ihr merkt es, ich glaube fest, dass Martin Lang mit diesem Album vergrößern kann): 11 Minuten Vocalwahnsinn mit mehr oder minder gekonnter Piano/Keyboardbegleitung. Schön? Nein! Aber wieder krank, bedrückend und verstörend – eben typisch Todesstoß. Die zweite Albumhälfte überrascht weiterhin: „Nur ein Fläschchen Nitrolingual“ ist ein durchgehender Song. Punkt. Dass ich das (abgesehen von den fast schon normalen Erstprodukten vor 12 Jahren) mal über einen Todesstoßtrack schreiben könnte – ich hätt' es nicht gedacht. Und noch dazu ist er … hörbar. Also ich meine nicht im Sinne der Todesstoßfans, sondern sogar fast geeignet für „die anderen“. Gut, die werden dann nach ein paar Minuten sagen, es sei langweilig... aber das wäre zumindest mal ein anderes Urteil. Aus Fansicht ein bockstarker Song, denn er transportiert die Todesstoß-Stimmung, die ich mag, in einen Rahmen, der nicht ganz so herausfordert. Auch „Nervenlaub“ stellt sich als ruhige Irrfahrt in die Depression heraus – und durch den Einsatz einiger gelungener Keyboardsprengel während der Raserei zu Hälfte des Liedes bleibt der runterziehende Rahmen komplett erhalten. „Endbeginn“ schließt das Album ab und ist ein „normaler“ Track, der einige sicherlich an gewisse ruhige und depressiv klingende Black Metal Projekte erinnern wird. Der Wahnsinn ermüdet langsam, die Verzweiflung in Martin Langs Stimme bleibt erhalten. Ein dezent eingesetztes Piano, verzerrte Basseinsätze und eine deutliche Struktur – Todesstoß klingt an dieser Stelle, als sei eine Reise auf der Suche nach dem Kern der eigenen Vision nach Jahren des ungestümen Wütens und Experimentierens nun beendet. Das Ergebnis wird weiterhin für die meisten unverständlich und unnötig sein, für mich aber war das Projekt noch nie so stark. Martin Lang ist sich treu geblieben und weiterhin ein Musiker, dessen Werken eine wirklich eigene Richtung und einen unbedingten Wiedererkennungswert zugesprochen werden kann. Zum ersten Mal kann ich sogar sagen, dass mir einige Lieder gefallen (also hörbar und als Liedgut verwertbar erscheinen) und nicht nur zum herbeiführen eines Effektes dienlich sind. Zusammen mit dem wirklich mühevoll gestalteten Booklet und der Wissen, dass da (und ja, er ist es letztendlich eben trotz aller Zweifler doch) ein Künstler über Jahre hinweg an seiner Vision feilt kann man nur sagen: es gibt wenige, denen „Todeststoß“ gefallen kann, diejenigen sollten das Album aber unbedingt finden und kaufen.
Als Nikita Kamprad und Tobias Jaschinsky vor zwei Jahren mit 'Der Weg einer Freiheit' und dem selbst betitelten Debüt die Bretter der Black Metal Bühnen betraten, haben vermutlich nur wenige geahnt, dass eine kleine Band aus dem beschaulichen Würzburg die wohl konservativste Szene innerhalb des Metals dermaßen aufwirbeln würden. Was folgte, waren auf der einen Seite Ausrufe der Entzückung durch offengeistige Musikliebhaber und Aufschreie der Entrüstung auf Seiten jener Waldtrolle, die spätestens 1993 ihre Höhle zuletzt verlassen haben und sich als Gralshüter eben all jenen Garagenkrachs sehen,...
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