Das Warp Label war früher für reinen experimentellen Vollelektro bekannt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, erinnert man sich bspw. an den letzten Release von Mongrel, der voll auf dem Indieparkett aufschlug. Tim Exile kann auch nicht als rein elektronischer Pionier bezeichnet werden, was er abliefert ist jedoch auf jeden Fall experimentell, auch wenn viele Stellen sehr eingänglich erscheinen. Eine grundsätzliche Beschreibung abzuliefern ist schwer, erinnern die Tracks des Albums ‚Listening Tree’ doch sowohl an die alternativen 80er als auch an die gabbernden 90er und reihen sich zusätzlich noch in die aktuellen Entwicklungen in der Musikszene ein. Ein Element das sich durch ‚Listening Tree zieht’ ist die Unstetigkeit. Dies äußert sich durch unerwartete Breaks, Staccato-Gesang oder auch durch die ungewöhnliche Entwicklung der Song selbst. ‚Family Galaxy’ ist das exemple par excellence: Jede Silbe des Textes wurde eigenständig aufgenommen, so dass sich ein gesanglicher Flow ergibt wie er mir noch nicht untergekommen ist. Auch die Beats erscheinen zunächst richtig entspannt, bevor der Song losstampft und sich schließlich nach drei Minuten buchstäblich überschlägt um Drum’n’Bass angehaucht mit gepitchten Vocals zu enden. Wow, was eine Dramaturgie in nur fünf Minuten! Dazu kommen elektronische Spielereien in mannigfaltiger Ausprägung auf ganzer Länge. ‚Don’t think we’re one’ erinnert an die frühen Human League genauso wie das noch etwas düsterer angelegte ‚Listening Tree’. Begeisternde Strukturen, die sich immer wieder überraschend transformieren wie synthetische Chamäleons. Und wenn man meint die Linie des Künstlers gefunden und seine Gesamtaussage verstanden zu haben stellt einen der nächste Song vor neue Rätsel. Mit durchgängigem Viervierteltakt kann Tim Exile nicht viel anfangen und so rätselt man durch fünf Minuten ‚Bad Dust’ was hier eigentlich geht. ‚Listening Tree’ ist irgendwie ein Konzeptalbum, ein Elektromusical für den Underground das den Hörer nach dem ersten Durchhörer komplett perplex aber zufrieden zurücklässt. Vielleicht könnte man ‚Donnie Darko’ als filmisches Pendant anführen. Den hab ich inzwischen mit Begeisterung bestimmt auch schon sechs, sieben Mal gesehen… … und noch nicht endgültig verstanden. Trotzdem freue ich mich auf den achten Durchlauf. Prädikat: Spektakel des Monats!