Die Legenden des europäischen Post-Industrial haben viele Namen, doch nur wenige klingen so ehrfurchtgebietend wie ’Haus Arafna’. Anfang der 1990er von Karl Tockweller und Isabelle Montess ins Leben gerufen – und heute als Mr. und Mrs. Arafna fast mythisch verklärt – hat das Duo mit seiner Selbstdefinition als „Angstpop“ sozusagen ein eigenes Genre geprägt. Ihre Musik war nie bloß Sound, sondern immer auch eine Zumutung, ein Ritual aus analogen Synthesizern, dröhnenden Oszillatoren, grellen Frequenzmodulationen und Stimmen, die zwischen Beschwörung und Zusammenbruch schwanken.
Über die Jahre sind sie zu einer Institution geworden, deren Faszination weit über Industrial hinaus reicht: von Electro-Puristen bis zu Black-Metal-Jüngern pilgerten immer mehr Hörer*innen in diesen dunklen Kosmos. Alles - versteht sich - auf der minimalistisch angehauchten Webseite von Galakthorrö veröffentlicht – dem Braunschweiger Label, das seit 1993 wie eine Festung über diesem Mikrokosmos thront und jede Platte sofort in den Rang eines begehrten Artefakts erhebt.
Nun kündigt sich mit „The Spring Heals“ das nächste Kapitel an. Am 5. November 2025 erscheint die streng limitierte 7"-Single in grünem Vinyl, selbstverständlich handnummeriert und auf nur 199 Exemplare beschränkt. Was uns darauf erwartet, bleibt noch hinter Schleiern verborgen – doch wer ’Haus Arafna’ kennt, ahnt, dass von Genesung kaum die Rede sein wird. Wahrscheinlicher ist eine Klangoperation am offenen Nerv: verzerrte Stimmen, schwer vibrierende Bassflächen, metallisch schleppende Rhythmen und ein Refrain, der eher wie ein Bannspruch wirkt. Auch die B-Seite „Auserwählt“ dürfte keine Gnade kennen, sondern mit maschinellen Pulsen, scheppernden Strukturen und geisterhaften Synthflächen den verstörenden Ton fortsetzen. Man darf also davon ausgehen, dass die Single einmal mehr eine Miniatur in Schmerzästhetik wird – ganz so, wie nur ’Haus Arafna’ sie formen können.
’The Spring Heals’ ist damit weit mehr als ein Sammlerstück: Es ist ein weiteres Zeugnis dafür, dass die europäischen Legenden des Angstpop ihre Aura auch nach drei Jahrzehnten nicht eingebüßt haben. Heilung? Wohl kaum. Aber wer braucht die schon, wenn Verstörung so schön klingen kann.