Wüsste man es nicht besser, würde man „Rituals“ allein vom Cover her dem Genre Mittelalter/Fantasy zuordnen. Mit Teilen von Ritterrüstungen, einem herrlich klischeehaften Totenkopf und posierend wie auf einem historischen Ahnengemälde haben sich Team Ghost, die Band um Ex-M83-Member Nicolas Fromageau, vor der Kamera inszeniert. Mittelaltersound macht das Quintett aus Paris zwar keinen, aber recht düster und episch kommt „Rituals“ schon daher, nach zwei EPs und einigen Touren das lang erwartete Debütalbum. Vom britischen Musiksprachrohr NME als „Coldgaze“ tituliert, streift das Geister-Team mit seinem außergewöhnlichen Mix aus Indie-Pop, Gitarren-Rock, sphärischem Shoegaze, treibenden Elektronika, Synth-Pop-Arrangements und einem Schuss Post-Industrial durchs nebelverhangene Halbdunkel und hinterlässt dabei eine gehörige Gänsehaut. Zwischen monströsen Gitarrenwällen, elegischen Pop-Partituren, übermütigen Indie-Hymnen und urbanen Dancebeats wurde der leise, verträumt-narkotisierende Gesang von Nicolas Fromageau und Christophe Guerin gebettet, der einen langsam in dunkle Untiefen zu ziehen scheint, um gleich darauf in eine elektrisierende Disconacht katapultiert zu werden. „Rituals“ birgt so viele Überraschungsmomente, dass dem Album vom ersten bis zum letzten Song eine intensive Spannung innewohnt. Die Dramaturgie von „Rituals“ ist perfekt. Doch statt den Hörer mit einem fulminanten Gitarrenkracher aus der düsteren Fantasiewelt zu entlassen, verabschieden sich Team Ghost mit einem zart-melancholischen, fast schon neoklassisch anmutenden „We won't fail“, das sprachlos macht - und damit auch mit einem sehr respektablen Erstling, der vermutlich nicht auf Anhieb „everbody's darling“ wird, dafür aber nach einer gewissen Gewöhnungsphase zu dem Album, das man auch nach Jahren immer wieder gerne hört. Wer „Rituals“ lieb gewinnt und Team Ghost live erleben möchte, hat im April und Mai noch in Köln, Straßburg und Amsterdam die Gelegenheit dazu.