Es ist Zeit für neue Musik aus dem britischen Cambridge. Synthetic melden sich zurück: düsterer, gewaltvoller und doch verlieren sie dabei nicht ihre Emotionalität. „Clepsydra: Time Against Infinity“ heißt das neue Album – die Zeit gegen die Unendlichkeit. Und schon der Titel lässt den Gedankenstrudel rotieren. Wird uns nicht auch mit jedem Jahr mehr bewusst, dass das Leben vergänglich ist, die oft fremdbestimmte Zeit aber endlos? Sollten wir deshalb nicht versuchen, die Fesseln des Heute zu sprengen?

„Time Against Infinity“ stellt sich als dunkles Intro dar. Uns erwartet düsterer Wave, auf dem zunächst die Klavierklänge und dann die hohe Synthmelodie tanzen. Der Sound ist atmosphärisch, spitzt sich zu und schließlich sind es die schnellen Drums, die uns vereinnahmen. „Graceful Ingnorance“ schließt sich genauso düster an. Doch hier übernimmt die E-Gitarre das rockige Inferno. Über dem Sound thront schließlich die unheilvolle Stimme. Die Vocals sammeln sich zum aufbrausenden Refrain. Reitend geht es vorwärts. In „Slipwalk“ wird die Elektronik weiter vorangetrieben. Trippelnde Drums und wütende Vocals werden eine Einheit. Was also bricht deine Stille? Es folgt „Shadows of Tomorrow“ und zunächst gleitest du kurz melodisch auf den Tönen des Klaviers dahin, doch dann geht es wieder heftig zur Sache. Der Song ist eine Berg- und Talfahrt des Impulsiven, mal verträumt langsam, dann wieder radikal ausbrechend und biestig hart. „Hostile Design“ präsentiert sich psychotisch explodierend, wie das Ungetüm, dessen Stimme sich überschlägt und dann doch wieder sanft und klar, gefährlich klingt. Emporisch spitzt es sich zu. Wer ist der Schöpfer der Menschheit? Wer hat die Macht? Es folgt mein Favorit „Clepsydra“ – kurz zeigt sich die Gitarre verträumt und hüllt sich in den Wavemantel, doch schnell wird es rockiger, der Sound voller. Und was du jetzt hörst, ist die klare, unverschleierte Stimme, die Kummer in sich trägt. „…live in sorrow…“ Was hält dich am Leben? Die Klänge des Klaviers verschmelzen damit, ehe sich der Gitarrensound wieder gewohnt schräg auf die mäßigen Drums legt. Aufbrausend bündeln sich die Vocals zum Refrain. „Autumn Scars“ zeigt sich dann wieder dunkler. Wir folgen bedrohlichen Drums und der rauchigen Stimme und verlieren uns im schnellen Gemisch. Die Nacht ist dein einziger Freund? Welche Visionen hast du für deine Zukunft? Wie sieht es mit deinen Sünden aus? Was ist mit dir? Nichts ist für die Ewigkeit! Das zeigt „The Road To Salvation“. Die Elektronik dreht durch, während du auf den höchsten Gipfel kletterst. „Sacrifice… godless minds…“ Die geballte Stimmkraft trägt den Track und schließlich wird dieser fast zärtlich melodisch, hält inne, damit du den Hauch aufnehmen kannst. Aber dann, dann geht es wieder höher, bis ganz hinauf auf den Gipfel. Im kurzen Keyboard-Wave-Gemisch von „Crimson Farewell“ fängt dich noch einmal das traumhafte der Stimme, doch listig und kraftvoll reißt dich die E-Gitarre wieder aus deiner Zuflucht. „…left me broken…“ Von einer verzweifelten Leidenschaft zeugen die Worte. „Into Oblivion“ ist ein Kampf der klaren Melancholie mit der biestigen Seite - zwei Stimmvarianten, die aufbrausend über der poppigen Elektronik toben. Die Hoffnung auf ein gutes Ende, für die Vereinbarkeit von Gelebtem, der Zeit und der Vergänglichkeit, sie ist noch da – doch hinter Fesseln. „Cage of Hopes“ rundet das Album ab. Dunkel und erst lauernd, dann schleichend, wird noch einmal der unheilvolle Fingerzeig laut. „…glowing fire…“ Deine inneren Monster toben. Ist jedes Gebet zwecklos? Der schräge, harte Gitarrensound treibt die Drums voran. „I am… the freedom of your mind…“

Zurecht als „Edel-Metaller“ bezeichnet, schaffen Synthetic es, ihrem Genre das Häubchen des Besonderen aufzusetzen – Härte, die doch auch Raum für mehr zulässt. Gehen wir die Vergänglichkeit an und schaffen uns mit „Clepsydra: Time Against Infinity“ neue Hörgenuss-Momente zum Dahinrauschen.

 

ROAR/Soulfood

 

02.10.2020

 

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1. Time Against Infinity

2. Graceful Ignorance

3. Slipwalk

4. Shades of Tomorrow

5. Hostile Design

6. Clepsydra

7. Autumn Scars

8. The Road To Salvation

9. Crimson Farewell

10. Into Oblivion

11. Cage of Hopes