Thüringen, Pagan Metal und die germanische Sage von Wieland nach der Thidrekssaga aus dem 13. Jahrhundert – da bekommen die einen vor Grauen das Zittern ob selten kitschfreier Kunst, jeder Menge Pathos und einer zum Bersten geschwollenen Helden- und Musikerbrust. Andere können dem Sound, den insbesondere Bands wie Menhir oder Odroerir prägen, aber so einiges abgewinnen. Ich sitze da zwischen den Stühlen, kann ich doch einige Melodien wirklich gut leiden, jedoch ist dieses Sub-Genre in meinen Ohren immer hart an der Kante zum Kitsch und zu Fremd-Scham. Doch ich versuche mich immer mal wieder an Kost aus dem schönen Bundesland und in diesem Jahr wurde meine Neugier durchaus belohnt:

Surturs Lohe feiern in diesem Jahr ihr 25jähriges Bestehen – das ist eindrucksvoll und schon einmal ein Prost wert. Mein einziger Kontakt mit der Band war 2001 auf ihrem Debüt „Wo einst Elfen tanzten“ und es war eine der gruseligeren Erfahrungen, bei der begeisterter Enthusiasmus auf bodenloses spielerisches Unvermögen stieß. Immerhin, allein ob des Grauen blieb mir der Name der Band bis heute im Kopf und da ich einerseits jedem mindestens zwei Chancen gebe und ich andererseits von einer Qualitätsverbesserung ausgehen muss, wenn sich die Band so lange gehalten hat, lausche ich nun zum wiederholten Male ‚Wielandstahl‘.

Es ist eine beeindruckende Freude, die Entwicklung bei einem so krassen Zeitsprung mitzubekommen. Das in der Klangschmiede Studio E von Markus Stock eingespielte Werk ist eine wahre Wonne für Freunde klassischer Pagan Kost, denn es ist alles an Bord: Chöre, männlicher Klargesang (der nicht nur erfreulich notensicher agiert, sondern sogar schön klingt) und raues Screaming, das nicht nervt. Natürlich gibt es auch weiblichen Gesang, dieser ist aber wirklich angenehm, wirkt klassisch ausgebildet und ist frei von zahnschmerzverursachenden Höhen oder engelsgleicher Belanglosigkeit. Wir haben gekonntes Riffing zwischen schwarzmetallischer Raserei und epischer Wuchtigkeit, eher zurückhaltendes Drumming (mein einziger Kritikpunkt im Sound, ich würde mir etwas mehr Courage zu mehr Eigenständigkeit und eine etwas kantigere Abmischung wünschen) und eine gute Mischung aus Keyboardschwülstigkeit und natürlich (klingenden) Sounds. Surturs Lohe liefern hier nichts Innovatives ab, sondern feiern im 25sten Jahr ihres Bestehens den Sound, den sie und die Fans so sehr lieben. Und Dank einiger echter Perlen wie dem Opener mit seinem schmachtigem Chorgesang, „Mimes Reigen“ mit der perfekten Balance aller wichtiger Elemente dieser Musikrichtung (Raserei, Flötenspiel, besinnlicher Ruhe im Mittelteil und vor allem einem wundervollen Refrain, bei dem in meinen Ohren, der weibliche Gesang besonders gelungen eingesetzt wurde), das sehnsüchtige Titelstück oder „Der lahmende Schmied“ mit einer groovig-rock’n‘rolligen Grundstimmung kann ich auch als nicht zur Zielgruppe Gehörender ganz viel Spaß haben. Echte Fans werden sicherlich auch „Die Schwanenballade“ abfeiern, die mir einfach zu schmachtig ist. Aber ich kann neidlos anerkennen, dass hier mühevoll und gekonnt ein klassisches Stück präsentiert wird. Die restlichen Stücke werden Fans der Band und des Genres mehr geben als mir – nie aber habe ich das Album als schlecht oder mittelmäßig empfunden und sicherlich werden Surturs Lohe von nun an wesentlich positiver konnotiert in meinem Schädel verbleiben.

Gerade hatte ich mit Hulkoff quasi das Gegenstück zu diesem Werk in der Mache: Während der Schwede schunkeltaugliche Partykost zum Abfeiern und dann wieder Vergessen um die Ohren haut, sind Surturs Lohe deutlich anspruchsvoller und nachhaltiger. Sicherlich kann ‚Wielandstahl‘ auch zu geselligen Anlässen im Hintergrund laufen, dann würde man aber ganz viel Positives ausblenden, was die 54 Minuten da transportieren. Es gibt jede Menge zu entdecken und auch wenn es bisweilen natürlich nicht ohne pathosgeladenen Kitsch geht, so ist Fremdscham an keiner Stelle notwendig – das hatte ich bisher noch nie erlebt in diesem Sub Genre. Daumen hoch und eine deutliche Empfehlung, das gesamte Werk zu hören oder zu kaufen!

 

Surturs Lohe

Wielandstahl

 

24.09.2021

Einheit Produktionen

 

https://www.facebook.com/SurtursLoheOfficial

 

01. Sohn von Glut und Stahl
02. Mimes Reigen
03. Die Schwanenballade
04. Wielandstahl
05. Von albischer Hand
06. Nidungs Reich
07. Der lahmende Schmied
08. Kelche von Gold
09. Nur ein Vogel