Im finsteren Dickicht zwischen Elektroschocktherapie und Totengebet erhebt sich derzeit ein neues Duo aus der Gruft: Gennant 'Styxdive' – oder wie sie sich selbst nennen würden: ein "Electro-Cult", der aus der zerschmetterten Vision zweier Musiker geboren wurde, die endgültig genug von Licht, Hoffnung und Menschlichkeit hatten. Aha! Ihre erste EP 'Life After Life' ist auch wirklich keine Einladung zum feschen Tanz – sie ist ein musikalischer Exorzismus, bei dem man nicht weiß, ob man danach geläutert oder einfach nur angenehm zerstört ist.
Was sofort auffällt: Hier wird nicht mit halben Sachen gearbeitet. Schon das Artwork der EP kündigt unmissverständlich an, worauf man sich einlässt. Eine skelettierte Gestalt, irgendwie halb Hexe, halb Leichengott, streckt uns die knochigen Finger entgegen, während ein goldener Nebel aus einem Haufen Leiber emporsteigt. Zwischen Totenkult und Endzeitästhetik pulsiert das Cover – und die Musik hält dann auch, was die Optik verspricht.
Klanglich bewegen sich Styxdive irgendwo zwischen harschem Dark Electro, düsterem Industrial und ritueller Klangverwesung. Es gibt keine Versöhnung, keine schönen Synthflächen zum Ausruhen, kein Happy End. Stattdessen: 3 Tracks knarzende Basslinien, peitschende Beats, Noise-Einsprengsel und eine düstere Atmosphäre, die sich anfühlt, als würde man mit verbundenen Augen rückwärts durch die Unterwelt stolpern. Die Vocals sind verzerrt, gequält, manisch – und doch gerade deshalb intensiv und authentisch. Alles wirkt wie ein Gebet, das in einem Kellerverlies gesprochen wurde, während über einem die Welt untergeht.
Trotz aller Schwere ist 'Life After Life' kein unhörbares Klangmassaker, sondern erstaunlich gut produziert – vielleicht gerade deshalb so gefährlich. Denn zwischen den harten Rhythmen und der elektronischen Kälte schimmert immer wieder ein minimaler Rest Struktur durch, der süchtig macht. Der Sound schleppt dich nicht nur in die Hölle – er sorgt auch dafür, dass du dort gerne bleibst. Persönlich? Ich habe lange kein Debüt mehr gehört, das so kompromisslos auf seine eigene Ästhetik setzt. Keine Genre-Anbiederung, keine Spotify-Playlist-tauglichen Wohlfühl-Elemente. Nur Wut, Verzweiflung und eine elektronische Abrissbirne. Wenn Suicide Commando auf einem Ritual von Trepaneringsritualen durch eine schlecht geölte Nebelmaschine gejagt worden wäre – Styxdive hätten das aufgenommen.
Im Fazit bleibt mir nur mein schon oft verwendeter Vergleich: 'Life After Life' ist wahrlich nichts für Menschen, die bei „Electro“ an Depeche Mode denken oder erholsam Musik zum Blumen-Gießen hören. Diese EP ist eine liturgische Dampfwalze für alle, die keine Angst davor haben, dass Musik auch schmerzen darf. Wer sich in dunklen Kellern wohlfühlt, Industrial nicht mit „Retro-Futurismus“ verwechselt und bereit ist, sich einem finsteren Ritual zu unterwerfen, wird hier belohnt – mit einem Sound, der brennt, kratzt und lange nachwirkt. Für alle anderen: Vielleicht erstmal vorsichtig reinhören… und dann entscheiden, ob man bereit ist, Styxdive zu folgen – hinab in den Fluss, der keinen Rückweg kennt.
Styxdive - Life After Life

Darkvolt: Wenn der Beichtstuhl wummert: Priest ist da

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Schwarzromantik auf Rezept: Das Miskatonic Theater ist zurück – mit Monster, Musical und Menschenkopfratte

Zwischen brennenden Bühnenbildern, schleimigen Vermietern und vampirischem Musiktheater erhebt sich das 'Miskatonic Theater' aus der Asche – ganz buchstäblich sozusagen. Nachdem im März 2025 die Spielstätte in Hamburg-Harburg mitsamt Technik, Requisiten und der Wohnung der Theaterleitung abgebrannt ist, hätte man das Ensemble auch guten Gewissens in „Phönix Theater“ umbenennen können. Doch Totgesagte spuken bekanntlich länger – und so hat das einzige Horror-Theater der Welt nicht nur ein neues Zuhause im Haus 73 auf dem Schulterblatt gefunden, sondern bringt gleich ein ganzes Panoptikum des Gr...