Es gibt Dinge, die sich seit Jahrzehnten (-hunderten? -tausenden?) nicht ändern. Man schließt sich in seiner Jugend einer (Rand)Gruppe an, teilt Musikleidenschaft, Aussehen und Ideologien und fühlt sich prächtig dabei, denn man ist weder so wie die anderen Gleichaltrigen noch so wie die Eltern. Die schimpfen nur darüber, dass es jetzt nicht mehr so nett ist wie früher, die Musik zu schnell und zu hart... Naja, halt die gewohnte Leier. Dann wird man selbst älter, wenigstens ein paar Jahre. Und plötzlich klingt die Musik, die in den Clubs gespielt wird, irgendwie nicht mehr so gut wie die „alten“ Hits, mit denen man diese Musikrichtung für sich erschlossen hat. Irgendwie seelenloser. Und man erwischt sich (Sprung in das Jahr 2010) dabei, eher auf 80er Parties oder „Old School“ Parties zu gehen, weil’s ja mal besser war. Und bei jedem „Retro“Projekt horcht man auf und hofft auf den Kick, den man früher bei bestimmten Bands gehört hat. Warum ich so einen Vorbau vor die Review des französischen Duos Stupre setze? Ganz einfach: Das Album „Priceless“ ist eine kleine Liebeserklärung an den Elektro der beginnnden 90er und erinnert immer wieder schwer an Skinny Puppy, Frontline Assembly oder (ruhige) Velvet Acid Christ. Die Frage ist nun aber: Kommt der Kick? Bei mir blieb er gänzlich aus. „Priceless“ ist ein grundsolides altmodisches Elektroalbum mit zum Teil schönen Songs und einigem Füllmaterial. Zu hören gibt es im Mid-Tempo gehaltenen Elektro mit verzerrten Flüstervocals der Marke „Geist/Gespenst“. Einzig „Sunset“ ist etwas peppiger und härter, wurde wohl mit einem leichten Schielen Richtung Tanzfläche programmiert und könnte dort durchaus Verwendung finden. Nur müssen Stupre sich erst mal in das Set eines DJs verirren. Ansonsten wirken die Lieder sehr einheitlich: Alles baut auf einer recht kalten Atmosphäre auf, die Melodieführung ist minimalistisch gehalten und im ersten Moment vermitteln die meisten Tracks das wohlige Gefühl, ein Stück Musik in den Händen zu halten, dass bereits seine 20 Jahre auf dem Buckel hat. Die Produktion ist zwar modern, aber da die Instrumentierung dumpf und monoton gehalten wurde um diese triste Stimmung aufzubauen, fällt dieses „neuwirkende“ Element einfach kaum auf. Drums und Beats sind nicht wirklich mitreißend, während der Songs gleichförmig aber immerhin auch nicht so störend wie bei modernen Beatorgien. Zwei Zusammenarbeiten mit anderen Projekten finden sich auch auf dem Album: Das ruhige Forlorn wurde von Neon Cage Experiments schick „belebt“ und gleich im Anschluß an die Orginalversion gesetzt. Dadurch wirkt das Orginal wie ein Intro zum eigentlichen Track – ein durchaus gelungenes Element. Das zusammen mit VX69 eingespielte „Drag Queen“ wirkt dagegen leider völlig fehl am Platz: Am Ende des Albums ruhend kann man es aber gut ignorieren, denn es will einfach nicht zum restlichen Material passen. Schlecht ist „Priceless“ nicht, seinem Namen wird es aber auch nicht gerecht. Sicherlich werden „Nostalgie“-Elektros Freude damit haben können, aber bevor die Reaktionen überschwänglich sind sollte man sich fragen, ob man da die Musik von Stupre bejubelt oder nicht doch nur die Erinnerungen, die sich beim Hören wieder einstellen. „Priceless“ wäre damals wahrscheinlich auch „nur“ Durchschnittsware gewesen und ist heute auch nicht mehr.