Staubkind darf man kennen : 2004 veröffentlichte das Projekt um Terminal Choice Gitarristen Louis Manke das Debut „Traumfänger“ und landete aus dem Stand einen hitgefüllten Knüller in der Szene. Das Label Fear Section (um Chris Pohl, es bleibt halt in der Familie) mußte 2005 sogar einen ReRelease veröffentlichen, da die erste Edition ausverkauft war und die Nachfrage nicht abbrach – in Zeiten der vielfältigen und meist wenig legalen Möglichkeiten des Internets ein schönes Kompliment an den Musiker. Drei Jahre später warten Fans gespannt auf einen Nachfolger und seit dem 12.10 kann man „zu weit“ sein eigen nennen. Dem Stil, den man vom Debut kannte, ist man konsequent treu geblieben : gefühlvolle Keyboardpassagen und härtere Gitarrenparts im Wechselspiel, leichte elektronische Beat-Untermalung und zurückhaltendes Schlagzeugspiel. Über allem aber thront die Stimme von Manke, die angenehm und sanft-rauchig beweist, daß Staubkind zu recht so schnell Bekanntheit erlangt hatte. Die Texte sind allesamt auf deutsch und kreisen um Melancholie und Romantik (wie auch schon beim Vorgänger) und wie bei vergleichbaren Bands werden sich eben hier die Geister scheiden. Sind die Texte nun tief kitschig und zäh oder schaffen sie es doch, wunderschön die Gefühlswelt des Alter-Ego zu beschreiben? Die Antwort liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen und der Hörer muß sich selbst entscheiden, was er von so etwas halten soll. Auf jeden Fall wurde die Jahreszeit perfekt für die Veröffentlichung ausgewählt – herbstliche Melancholie, kaltes Wetter und Kerzenstimmung: so hat der Otto-Normal-Grufti (ach ja, wir sind ja so individuell – man verzeihe) einen weiteren passenden Soundtrack zum Lebens(un)glück bekommen. Bei mehrmaligen Konsum wird eines immer klarer – irgendwie wurde auf Lieder mit Mörder-Hitpotenzial verzichtet. Stattdessen ist die Qualität der 13 Lieder (plus einem Bonus-Akustik-Track) gleichbleibend und „zu weit“ im ganzen gut konsumierbar. Gastauftritte gibt es bei zwei Liedern : „Wenn du schläfst“ und „Vergiss nicht“ sind in Zusammenarbeit mit der Sängerin Serena Gruß und Carsten Klatte (Lacasa del Cid, Project Pitchfork, Wolfsheim u.a.) entstanden. Irgendwie will mich die Stimme der Gastsängerin nicht überzeugen, aber Geschmäcker sind ja verschieden. Und der Text von „Wenn du schläfst“ ist wirklich gelungen – das fällt umsomehr auf, da das folgende „Halt mich“ in die Kitschkerbe schlägt und mir in Sekundenschnelle auf den Senkel ging. Das ist aber die einzige Ausnahme, alles in allem ist „zu weit“ ein gelungener Nachfolger und es stellt sich die Frage, welche Platte es öfters in den Player schaffen wird – das Debut mit den vereinzelten Hits oder doch die runder klingende „zu weit“.