Die Marschroute war klar: von 0 auf 5 in die DAC-Albumcharts der 50. Woche. Ein verdienter Erfolg, denn die Herren Stålberg und Nilsson haben sich binnen kurzer Zeit, ohne einen Wirbel darum zu machen, wieder zusammengerauft und nach der großartigen Maxi „Hardcore Hooligans“ (01.11.2006) mit „deadPAN“ ein Album der Extraklasse hingelegt. In der ersten, limitierten Auflage erscheint der inzwischen dritte Longplayer der Schweden als Digipack mit der Bonus-CD „deadANGLE“. Diese enthält neben fünf neuen Tracks einen Remix des Titelsongs „deadAngle“ sowie drei Live-Tracks. Neben den 12 neuen Songs (inkl. „Hardcore Hooligans“) genug Material also, um die lange Pause vergessen zu machen und die Freude über das neu vereinte Duo großzügig und konsequent auszuleben. Ging es auf dem großartigen Vorgängeralbum „Totalitär“ noch relativ geradlinig und tough zur Sache, zeigen sich Pontus und Stefan jetzt experimentierfreudig wie nie zuvor. Doch keinesfalls bleibt damit der gute, knüppeldicke Old School-EBM auf der Strecke. Reinrassige, harte Tanzflächenstomper mit Pontus’ markanten, aggressiven Shouts, entspannte, melodische Midtempo-Titel, ebenfalls mit Clubpotenzial, und ganz und gar untypische, sanfte slowmotion-Tracks, bei denen Pontus mit einer astreinen, wohligen Gesangsstimme auf ganzer Linie zu überzeugen weiß, geben sich auf „deadPAN“ die Klinke in die Hand. Wie gut auch schnellen Clubsmashern Pontus’ klarer Gesang steht, beweist „Allegiance“, einer von vielen großen Hits des Albums. Spetsnaz sparen nicht an abwechslungsreichen Rhythmen, und ausgetüftelten Song-Strukturen und Effekten – doch immer bleibt jeder Titel 100% Spetsnaz. Spätestens mit diesem Album sollte auch der letzte Kritiker verstummt sein, für den die Schweden beharrlich nichts weiter als „Nitzer Ebb-Klone“ sind. Einen bravourösen Spaß-Knaller (ähnlich wie „Down and out“ auf der „Hardcore Hooligans“- Maxi, einem stimmungsvollen Paul Williams Cover), liefern Spetsnaz mit „She went …“ auf der Bonus-CD „deadANGLE“. Tja, die Männer haben es wirklich nicht immer leicht mit uns Frauen. Eine humorvolle, überdrehte Geschichte, zu der Pontus mit seiner Intonation noch das berühmte Tüpfelchen auf das „i“ setzt. „deadAngle“, „Regardless“ und „Freedom“ sind weitere hochkarätige Kaliber, wobei „Freedom“ ungewöhnt düster ausfällt. Mit „Dead by Midnight“ ist dann schließlich auch die „Quoten-Ballade“ enttarnt, die man bei Spetsnaz sicher am wenigsten erwartet hätte. Aber was das Duo hier liefert, ist schlicht und ergreifend atemberaubend: Vor dem geistigen Auge erwächst aus Pontus ein blutjunger, romantisch-verträumter Dave Gahan zu Zeiten von „A broken frame“ und „Construction time again“ und treibt einem die Freudentränen in die Augen. Ein leises, gefühlvolles Pianostück, das sprachlos macht. Die Live-Tracks sind eine nette Dreingabe, ohne die unschlagbare Bühnenpräsenz der beiden und dem damit verbundenen hohen Spaßfaktor allerdings keine wirkliche Bereicherung. Zuletzt verursacht der technoide U.S.A.-Remix von „deadANGLE“ nochmals gehörig Wirbel, hinterlässt am Schluss jedoch nicht unbedingt einen bleibenden Eindruck. Textlich bzw. inhaltlich haben Spetsnaz ebenfalls wieder ganze Arbeit geleistet. Ohne großes Aufgebot an Kraftausdrücken und platte Parolen werden hier, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, aber wohlformuliert, gesellschaftliche und politische Verfehlungen und deren Auswirkungen auf das Individuum thematisiert. „deadPAN“ ist ein spannendes, intelligentes und unterhaltsames Album geworden, das Hits im Dauerfeuer herausschießt. Es fordert nicht nur zu einer intensiven Auseinandersetzung heraus, sondern macht auch einfach nur Spaß und atemlos, wenn man mit dem Tempo einiger Tracks länger mithalten möchte. Spetsnaz schaffen es immer wieder, Ernsthaftigkeit und gesunden Humor – was sie bei ihren grandiosen Live-Shows regelmäßig unter Beweis stellen – gerade richtig zu verbinden. Eine Kombination, die man als komplett gelungen bezeichnen kann.