Was für eine Überraschung! Nachdem mich das neue Werk aus dem Hause Týr zwar nicht wirklich enttäuschte aber auch nicht begeisterte kommt nun ein Enterversuch aus Norwegen. SorgSvart hatten mich bereits mit dem Debut „Fortapt fra verden i vakkert selvmord“ begeistert, aber Zweitling „Vikingtid og anarki“ mit seiner eigenwilligen und einzigartigen Mischung verschiedenster musikalischer Zutaten übertrifft den Vorgänger um Längen. Hier wird das Rad nicht neu erfunden, hier wird einfach Gutes aus aus den Bereichen Old school Black Metal, Viking Metal, neueren Black Metal, Folk und Pagan Metal zu einem Gebräu zusammengemischt, der so gut schmeckt wie ein Horn warmer Met in kalter Winternacht. Nein, viel besser! Ein kräftiger Stoß ins Horn und das Gewitter bricht über den Hörer herein. Pfeilschnelles Blackmetal Drumming, heftiges Gekeife und Hintergrundgeröchel – aber denoch sind bereits die ersten Sekunden des Titelsongs „Vikingtid og anarki“ eher ruhig und getragen denn hinter der Instrumentierung thront eine erhabene Melodie, die die Brust anschwellen lässt. Und epische Melodien bestimmen das Bild der Welt von Sorg, seines Zeichens der einzige Musiker, der hinter dem Projekt SorgSvart steht. Ein-Mann Projekte sind im Viking Metal nicht gerade selten. Doch die epischen Melodien, die sich durch den fast 12minütigen Dampfhammer „Vikingtid og anarki“ ziehen sind so schön umgesetzt, daß es einem die Freudentränen in die Augen treibt. Ja, auch Wikinger können Gefühle zeigen und hier muss man das einfach, denn Raserei und Gekeife werden abgelöst von mitreißenden cleanen Vocals, Parts die nur der Akkustikgitarre gehören, epische Keyboardflächen kämpfen gegen harte Gitarren an. Alles ist drin. Alles was man aber zugegebenermaßen auch schon bei anderen Bands gehört hat. Warum SorgSvart aber denoch etwas Besonderes sind lässt sich leicht beantworten : Selten wurden diese sehr unterschiedlichen Puzzleteile so stimmig zusammengefügt, selten hat man so viel Spielspaß bei einer Black/Viking Metal Band gehört (Finntroll einmal ausgenommen, aber die bleiben eher bei ihrem HumpaaMetal). Die harten Passagen werden auch mal mit einem Gekeiften „Jahaaaaa“ eingeleitet, es wird dreckig gelacht und sofort wird der Hörer mitgerissen. Sorg kümmert sich auch nicht um vermeindliche Tabus – der Keyboardeinsatz ist stetig und zum Teil nur Nuancen vom totalen Kitsch entfernt. Aber eben immer noch genial und gnadenlos gut in die Musik integriert. Die Akkustikgitarre kommt immer wieder zum Einsatz, Maultrommeln, Lure, Glockenspiele, KeyboardCembalo (jau, wirklich auch mit barockener Melodieführung) – alles ist mit drinne, nichts kommt zu kurz und nie wirkt die Musik überladen. Das ist auch so eine Sache: Sind viele Projekte inzwischen so pompös und „majestic“, daß man sie fast schon nicht mehr Metal nennen kann wird bei SorgSvart der Einsatz der einzelnen Elemente so gut abgestimmt, daß der Sound zu jederzeit schön räudig-„blackmetallig“ ist. Auch die Drums sind einfach gut gemacht – jede Passage hat ihre eigene Rythmusuntermalung, alles passt zusammen. Es gibt keinen Ausfall auf dem Album zu verbuchen, alle Songs sind gelungen und sogar über weite Strecken komplett fehlerfrei eingesungen und -gespielt. Respekt, hat doch Sorg alles im Alleingang geschaffen. Die norwegischen Nächte müssen aber auch irgendwie gefüllt werden, also kann man entweder saufen oder eben lernen zahllose Instrumente zu beherrschen. „Vikingtid og anarki“ hat mindestens genausoviele Melodiewechsel und Breaks wie „Land“ von Týr. Denoch ist das Album wesentlich einfacher zugänglich. Das liegt einfach daran, daß hier eine Hammerpassage nach der anderen ins Brett gehauen wird und vor allem daran, daß diese dann auch schlüssig zuende gespielt werden. Es wirkt nicht abgehakt sondern gekonnt, eine KeyboardPassage kann einer BlackMetal Raserei folgen ohne aufzustoßen. Man hat das Gefühlt, daß Sorg nicht überlegte, wie er das vertrackte Konzept zusammengehalten werden kann, sondern einfach machte, was sein Gehör und sein Herz ihm sagten. Und wegen der Langlebigkeit muss man sich eigentlich auch keine Sorgen machen – ich entdecke bei jedem Durchlauf Neues. Und was auch einfach eine angenehme Besonderheit ist: Wenn man die PresseInfo oder die Bandbiographie auf der Homepage liest, dann geht es nicht darum, das SorgSvart sie historisch authentischsten sind, die mit ihrer Musik gegen die Christianisierung des Nordens ankämpfen – nein, es geht ganz einfach um die Musik. Selten war eine Biographie so nüchtern. Der Mann präsentiert sich als ganz normaler Mensch, der Musik machen will und das ist echt viel wert. Kaufen, kaufen, kaufen. Diese Scheibe kann die Wurzel für viel gute Laune und Begeisterung werden und es wäre schade, wenn man ihr nicht zumindest eine Chance gibt!