Der Mond hat mir gestern Nacht ins Ohr geflüstert, ich solle mir 'Lacrima Lunae' anhören. Erst hielt ich das für einen Übermüdungsanfall – aber wer bin ich, mich den Launen eines Himmelskörpers zu widersetzen? Also klickte ich auf Bandcamp, und dann starrte ich ihn an: diesen majestätischen, düsteren Todesengel auf dem Cover. Eine Frau? Eine Göttin? Ein verdammtes Relikt? Alles davon. In schwarzem Talar, mit Tränen aus schwarzem Harz im Gesicht und einer Totenschädel-Brosche auf der Brust, blickt sie uns an – oder durch uns hindurch. Da war mir klar: Das hier ist kein gewöhnliches Debüt. Das ist ein Manifest in Moll.
Somnia Mortis, so nennt sich das französische Projekt hinter dem Album 'Lacrima Lunae', das am 30. April 2025 erschienen ist. Ein Debüt, das sich nicht schüchtern vorstellt, sondern mit ausgebreiteten Armen aus dem Nebel tritt und uns in eine Welt aus Witch House, Dark Pop und elegischer Dunkelromantik entführt. Die Beats schleichen, die Synths flackern wie Kerzen im Sturm – und dann ist da diese Stimme. Kein hauchiges Flüstern, keine geisterhafte Andeutung, wie man es aus dem Genre erwarten könnte. Nein – was hier aus den Lautsprechern kommt, ist eine glasklare, kraftvolle Frauenstimme, die alles durchschneidet: die Nacht, die Musik, die Stille dazwischen. Sie trägt die Songs mit einer Mischung aus Anmut und Entschlossenheit, als würde sie dunkle Litaneien singen, die Jahrhunderte überdauert haben. Jeder Ton sitzt. Jeder Refrain bricht wie kaltes Licht durch das Schwarz der Instrumentals.
Und gerade weil die Produktion bewusst rau gehalten ist – mit rohen Kanten, gelegentlichem Übersteuern und dieser brüchigen Bedroom-Aura – wirkt diese Stimme wie ein Kontrast in Perfektion. Sie erhebt sich aus dem elektronischen Morast wie ein silberner Dolch: kühl, schön, gefährlich. Ich muss zugeben: Ich hatte nicht damit gerechnet, in diesem Genre eine so präsent-menschliche, ja fast klassische Gesangsleistung zu hören. Und sie funktioniert. Sie funktioniert sogar so gut, dass ich mir manchmal wünsche, die Tracks würden sich noch ein bisschen mehr zurücknehmen, um dieser Stimme mehr Raum zu geben.
Natürlich bleibt 'Lacrima Lunae' trotz allem ein Album für Freunde der Nachtseite. Die lateinischen Songtitel, die überladene Symbolik, die düstere Gesamtästhetik – das alles ist nichts für Leute, die in Musik vor allem Klarheit und Leichtigkeit suchen. Dieses Album will nicht gefallen. Es will verehren, beschwören, verwandeln. Aber wer eine Schwäche für sakrale Dunkelheit, für elektronische Melancholie und für Stimmen hat, die klingen wie ein Zauberspruch bei Kerzenlicht, der wird hier sein neues Lieblingsritual finden. Ich jedenfalls war überrascht, wie sehr mich dieses Werk berührt hat. Es ist ein Album, das nicht laut ist, sondern tief. Nicht schrill, sondern ernst. Und nicht perfekt – aber vielleicht gerade deshalb so unwiderstehlich.
'Lacrima Lunae' ist eine dieser raren Veröffentlichungen, bei denen Musik und Artwork nahtlos ineinandergreifen. Die Frau auf dem Cover? Sie singt wirklich? Und sie singt so, dass selbst der Mond kurz innehält.
Somnia javascript:;Mortis - Lacrima Lunae

Neues von Protokoll 19: „Connect“ verbindet Traum, Trauma und Tanzfläche

Na komm – wenn die Menschheit sich gerade nach etwas sehnt, dann ja wohl nach einer guten Verbindung. Nach dem letzten Passwort, das man sich nicht aufschreiben musste. Nach WLAN im Zug. Nach innerem Gleichgewicht. Oder, wenn man Protokoll 19 heißt: nach einer spirituellen Verbindung inmitten eines mentalen Schleudertraumas. Und während alle anderen noch versuchen, ihre innere Mitte mit Podcasts über Achtsamkeit und Zimmerpflanzen zu finden, veröffentlichen Protokoll 19 einfach „Connect“ – einen Song, der diese Suche deutlich kompromissloser vertont.Die neue Single erschien am 25. April 2025 –
Zwischen Pathos und Pauken: Das erste Album von Dvrch Heer Vnd Kraft

Wenn Trommeln grollen, als würden sie Geschichte wachrütteln, und Streicher klingen wie der Atem alter Ideale, dann ist man entweder in einem überambitionierten Historienfilm gelandet – oder man hält das Debütalbum 'Verloren Vnd Gefvnden' von 'Dvrch Heer Vnd Kraft' in den Händen. Ein Werk, das sich nicht um Trends oder Streamingzahlen schert, sondern wie ein aus Bronze gegossenes Statement klingt. Martialisch, melancholisch und mit genau der richtigen Portion Pathos, um zwischen neoklassischen Klanglandschaften und folkigem Ernst zu wandeln.Nach der Trennung von Vae Victus im Jahr 2008 war es ...