Sol Invictus - The cruellest month

Was machen die drei Legenden, wenn sie in die Jahre kommen? Wenn es um die "großen" Jahre des Neofolk geht, dann fallen unweigerlich die Bandnamen Death in June, Current93 und Sol Invictus. Und auch wenn der Name DiJ fällt soll diese Review keine Basis für politische Diskussionen sein. Sol Invictus sind nicht mehr Teil dieser Diskussion. Aber was ist mit den drei großen Bands inzwischen? Herr Pearce sitzt in seiner eigens geschaffenen Isolationshaft (enannt Fort Nada) und veröffentlicht die immergleichen musikalischen und inhaltlichen Ideen, die sich nur aufgrund des Namens Death in June verkaufen und weil der Herr eine so schöne Stimme hat, dass sich sogar Cds nur mit Gesang und Fahrstuhl-Piano verkaufen. Herr Tibet hingegen scharrt immer neue Musiker und Kreativität um sich und fordert mit jedem Current93 Album Freunde und Feinde heraus. Und Herr Wakeford beendete 2005 das Kapitel Sol Invictus mit "The devils steed" leise, still und solide..... 2011, ich höre "The cruellest month", Herr Wakeford hat nicht Wort gehalten. Und ... das ist verdammt gut so. Denn so stark wie auf Album Nummer 17 (oder 15, je nach zählweise) hat man in meinen Ohren Sol Invictus nie gehört. Denn Tony Wakeford hat es endlich geschafft, die drei angestrebten Elemente des Sol Invictus Kosmos herausfordernd und denoch schlüssig zu verbinden: "The cruellest month" ist Apokalyptik-Folk, es sind Traditionals und es ist Neo-Folk mit all seinen Samples und Klangkollagen. Und "The cruellest month" ist ein großes Ganzes, stolpert nicht kopflos zwischen diesen doch sehr unterschiedlichen Welten umher sondern trägt den Hörer in eine ganz eigene Welt. Gesanglich wird das Album von Wakeford und Andrew King bestritten - beide sind in guter Form (wenn ich mir den kleinen Seitenhieb Richtung Fort Nada gönnen darf) und es ist vor allem Andrew Kings traurig-sehnsüchtige Stimme, die einfach wie für traditionelle Folkmelodien gemacht ist (insbesondere bei "Edward" und "Cruel Lincoln"). Der Akustik-Gitarre wird weiterhin viel Raum gegeben, die Melodien sind ruhig, zurückhaltend und schlagen Brücken zur Vergangenheit der Band (so bauen "Edward" und "The blackleg miner" auf der gleichen Grundmelodie auf, die bereits "Gods"/"No gods" auf dem 2002er "Thrones" formte). Doch anders als der Current'sche Minimalismus der letzten Alben oder gar der DiJ'sche Stillstand greift Herr Wakreford ganz tief in die musikalische Fundgrube: klassische Instrumente wie Piano, Violinen, Blasinstrumente, Flöten und mitreißende Trommeleinsätze stehen da auf der einen Seite, werden mal lieblich eingesetzt, mal dissonant traktiert wie in "To kill all kings". Harsch verzerrte E-Gitarren, Drum-Computer Parts und Synthieteppiche stehen auf der anderen, "modernen" Seite, greifen in den Folk ein, verstören bisweilen. Wir können Tony Wakeford dankbar sein für "The cruellest month". Es ist sicherlich kein Lounge-Folk (zweiter Seitenhieb, ich bitte um Verzeihung), umschmeichelt den Hörer nicht einfach sondern ist schräg, manchmal abschreckend, dann wieder fürchterlich altmodisch und so sehr Sol Invictus wie noch nie.

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