Ebenfalls aus dem Hause STF-Records (auch Label der Bands Spirit Corpse, Achtlos u.a.) kommt die neue Veröffentlichung des jungen deutschen Quintetts „Sissy“. Gerade mal knapp über 20 Jahre alt sind die Musiker im Durchschnitt, legen mit „Sick“ aber bereits ihr drittes Fulltime-Album vor. Das Debüt „Losers Revenge“ erschien 1999 und bewegte sich nach Aussagen der Band noch auf einer recht punkigen Schiene. Mit ihrer zweiten Veröffentlichung „Help“ Mitte des Jahres 2001 steuerte Sissy dann mehr in die Richtung Crossover und ist nun – gut zwei Jahre später – im Fahrwasser des allseits bekannten New (oder „Nu“) Metal angekommen. Dass einem auf „Sick“ musikalische Kost der etwas härteren Gangart angeboten wird, merkt man schon am „Parental Advisory“ Sticker auf dem Cover, der bekanntlich vor „explicit content“ warnen bzw. zumindest darauf aufmerksam machen soll. Schließlich haben es derzeit so angesagte Bands des Nu Metal Genres wie Korn, Slipknot, System Of A Down, Limp Bizkit oder Stone Sour schon zur genüge vorgemacht, wie aggressiv und hasserfüllt man seinen Zorn auf die Welt in dieselbe hinausschreien kann. Die fünf Jungs von Sissy gehen zwar nicht ganz so hart ans Werk, zeigen ihren Fans und denen, die es noch werden wollen aber durchaus wo es langgeht. Sissy spielen einen rockigen, melodiösen Power-Sound, der ohne Schnörkel und große Spielerein auskommt. Für jede Menge Druck und Power sorgen zwei Gitarren, ein wummernder Bass und das meist temporeiche, gekonnte Drumming runden den New-Metal-Sound ab. Allerdings setzen Sissy nicht auf ungezügelte Aggressivität, Härte und pure Schnelligkeit, sondern passen Tempo und Melodieführung den Emotionen und Intentionen ihrer Songs an. Während es bei „Do U Know Your Daughter“ recht rockig-metallisch zur Sache geht, machten sie aus „Song Of Pain“ eine astreine ruhige, melancholische Ballade. „Skate“ wiederum ist – wie der Titel schon sagt – einfach nur eine Up-tempo Hymne an ein Lebensgefühl auf einem Brett mit vier Rollen. Bei „Love is not real“ kommt sogar kurz eine weibliche Stimme mit ins Spiel, die nicht im geringsten fehl am Platze wirkt. Sänger Toby weiß seine Stimme ebenfalls abwechslungsreich einzusetzen und verzichtet (Gott sei Dank) auf das oft unnötige und nervige, hysterische Geschrei stilistisch benachbarter Bands. Auch bei den Texten haben sich die Jungs viel Mühe gegeben: sie lassen ihren Gefühlen freien Lauf und thematisieren eine große Bandbreite an oft schmerzhaften Erlebnissen: meist sind es traurige Geschichten mitten aus dem Leben, Probleme mit dem Älterwerden, Konflikte in Liebesbeziehungen oder schlichtweg Wut und Haß auf die Gesellschaft. Nichts Neues, aber ehrlich und unumwunden und mit einer Anzahl böser Wörter (mit „f“) gespickt; daher wohl die oben erwähnte Warnung an das konsumwillige – noch junge und offenbar für unmündig und unkritisch gehaltene – Hörerpublikum. „Sick“ bietet 14 Titel (Gesamtspielzeit über 60 Minuten!), die man allesamt als gelungen, abwechslungsreich und vor allem eigenständig bezeichnen kann. Neben einschlägigen Genre-Freaks dürfen bei „Sick“ auch klassische Rock-Musik-Freaks ein Ohr riskieren! Neben dem recht ansprechenden Artwork haben Sissy auch selbst eine sympathische, übersichtliche Homepage mit vielen Infos erstellt, auf der ihr auch in einige ihrer Songs reinhören könnt. Mein Top-Titel des Albums: „Assholes Use To Come In My Way“ – allein dem Titel muss ich schon beipflichten…