Schwefelgelb - Das Ende Vom Kreis

Der Charme des durchdachten Naiven fängt häufig stärker ein als wenig durchdachte Kopfgeburten voller Pseudo-Intellekt und Weltverbesserer-Anflügen. Schwefelgelb können einfangen, das haben sie bereits mit ‚Alt und Neu’ bewiesen, dem Debut, bei dem die Synthesizer Staccatos so schön wie lange nicht vor sich hin ratterten. Mit DAF hat man sie bisher zu oft in Verbindung gebracht. Zusammenhänge sind zwar nicht zu leugnen, ein solcher Vergleich ist jedoch deutlich zu kurz gesprungen. Insbesondere zeigt sich das nach dem gerade reichlich unspektakulären Single-Release der vermeintlichen Vorbilder. Zusätzlich shiften Eddy und Sid ihre musikalischen Grundpfeiler diesmal ein ganzes Stück weiter aus der Retro-Ecke heraus und erinnern damit mehr an die frühen Fischerspooner oder den elektronischen Andreas Dorau der Neuzeit. Mehr Struktur transportieren die Songs ohne dabei den sparsamen Rahmen der ersten Platte zu sprengen. Echte Weiterentwicklung statt Stagnation und gleichzeitig Linientreue. Sound-technisch experimentell mit einem Tässchen Avantgarde-Elektronik und einer Prise Daft-House kommen dabei Songs ans Tageslicht, die Tanzflächenfüllgarantie über Genregrenzen hinaus versprechen. ‚Vorwärts Rückwärts’ ruft den kleinen Flat Eric aus dem Kuscheltiersarg und versorgt ihn mit neuer Energie zum Kopfwippen um nach einer schwebend-flächigen Pause Trans-X und Vicious Pink zu gedenken. Entspannte neue neue deutsche Welle transferiert ‚Zu Zweit’ mit denkbar einfacher Zusammenführungsbotschaft: ‚Ich bin allein’ und Du bist allein’, komm gehen wir den Weg zu zweit’. Wo man bei vielen anderen Songs deutlich vom ersten Album weg diffundiert, greift ‚Schwarz Weiss’ noch einmal die Ideen vom vorletzten Jahr auf und verbindet Shouts mit harter Elektronik ohne dabei auch nur im Geringsten in Richtung EBM/Industrial zu schielen. Manchmal denkt man an die 2Raumwohnung in richtig, richtig dreckig, so könnte es klingen wenn Tommi Eckhard die Knöpfchen am Sequenzer mal so richtig quälen würde! Noch weiter gehen Songs wie ‚Regen aus Rosenquarz’ oder noch mehr ‚Unser Eigener Müll’, die tatsächlich ruhige Momente in das Album einbringen. Vocoder-geschwängerte Refrains sind damit inzwischen genauso im Repertoire verankert wie ambiente Flächenromantik aufgefüllt von offensichtlich nachempfundenen analogen Synthsounds. Wäre Schwefelgelb eine neue Kaffeesorte, hier wären die Tassen nach dem Tanztee keinesfalls noch halb voll. Nicht umsonst haben Sid und Eddy in den letzten Jahren eine ganze Menge Fürsprecher gefunden, ‚Das Ende vom Kreis’ erfindet Altes Neu ohne dabei zu langweilen oder zu kopieren und unterstützt die Fans in ihrem ursprünglichen Urteil. Mit Wagemut und dem Wissen wie man heute die richtigen Sounds aus dem Computer zaubert, mag man die Platte mit dem seltsamen Cover nicht mehr zur Seite legen. Exoten mit Flair, ganz ähnlich wie Peter Licht oder der genannte Herr Dorau! ‚Es heißt zu viele Gedanken machen die Gesunden zu Kranken. Das heißt zu viel Gesundheit macht aus den Narren die Mehrheit!’ Denkt mal drüber nach! Aber nicht der ersten Grippewelle des Jahres zum Opfer fallen…

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