Musikalisch erwarten wir von einem neuen Schiller-Album keine wirklich neuen Impulse, darüber sind wir uns sicher einig. Allerdings besinnt Christopher von Deylen sich auf seinem aktuellen Werk noch intensiver denn je seinen musikalischen Wurzeln und Vorbildern. Während das 2019er Album „Morgenstund“ noch ein extrem vocallastiges Album war, präsentiert Christopher von Deylen eine breite Instrumentalkulisse für einen Bummel durch die Hauptstadt, so wie Christopher von Deylen sich das vertonte Berlin vorstellt. Und da ist tatsächlich nur wenig Platz für Vocals. Neben dem Titeltrack sind es lediglich drei weitere Gesangstracks, denen gegenüber ohne dem üblichen gesprochenen Opener neun Instrumentals gegenüberstehen, von denen zwei sogar die 18min-Marke knacken.

Die sehr poppige und definitiv ohrwumcharakteraufweisende Version des Alphaville-Klassikers „Summer in Berlin“, mit der auch gleich der Albumtitel des neuen Werks vorliegt und Christopher von Deylen seinen musikalischen Helden von damals - immerhin reden wir von einem Song aus Alphaville’s Debütalbum, und das ist schon deutlich älter als 30 Jahre - huldigt. Und allein die angesprochenen epischen Longtracks - „Der Klang der Stadt“ und das mit Thorsten „Tangerine Dream“ Quaeschning eingespielte „Dem Himmel so nah“ - zeigen Christopher von Deylens Wunsch, einem breiten Publikum zu zeigen, dass tolle Musik nicht zwingend eine Gesangsstimme benötigt, und schon gar nicht innerhalb von 4 Minuten ‚durch‘ sein muß. Und wer doch eher die älteren Schillertracks liebt, greift zur zweiten CD, die mit „Live in Berlin“ betitelt ist, und auch noch einige Vocaltracks bereithält.

Wie so häufig ist es die Mischung, die wieder den Ausschlag gibt. Musikalisch definitiv nicht neu… Aber die Gratwanderung zwischen radiotauglicher Popmusik, instrumentalem Schönklang und den „wiederbelebten“ Klassikern - seien es Musiker und Gruppen von früher oder einfach ältere Schiller-Tracks - funktioniert auch mit diesem Schiller-Werk erneut und macht einfach Spaß. Wobei ich persönlich die erste CD vorziehe, denn Musik benötigt definitiv keine Vocals, um gefällig und schön zu sein. Bleib so experimentierfreudig, Christopher von Deylen! Hut ab!