Reaper - Angst EP

Reaper - Angst EP

Der erste Schrecken ist vorbei, der Enttäuschung wurde allerorten kräftig Luft und Wirbel gemacht. Namnambulu wird es in der bisher da gewesenen Form nicht mehr geben, so viel steht fest. Sänger Hendrik Iversen geht neue, den Fans wahrscheinlich noch unbekannte Wege und „Master of Sound“ bzw. Producer Vasi Vallis konzentriert sich inzwischen auf Solo-Projekte und eine vielfältige Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Mit der „Angst“ EP meldet er sich unter dem Namen „Reaper“ nur wenige Wochen nach der offiziellen Trennung zurück. 

Ob treue Namnambulu-Fans die Kompositionen des Anfang diesen Jahres ins Leben gerufenen Solo-Projektes genauso lieben werden wie etwa die Hymnen „Memories“, „Now Or Never“, „Faces“ oder „Alone“, ist schwer zu sagen. Denn im Vergleich zum melancholisch-verträumten und melodielastigen Synth-Pop Namnambulus schlägt Vasi Vallis auf der „Angst EP“ einen aggressiveren, bedrohlich-finsteren Ton an – düsteren Power-Electro mit viel Endzeit-Appeal und – kennt man den gedanklichen Hintergrund des Projektes noch nicht – jede Menge (schwarzem) Tod, Satan/Teufel, Dämonen und einem sympathischen Totengräber. Musikalisch hat Vasi Vallis mit „Reaper“ das kombiniert und zu einer Einheit verschmolzen, was ihn schon immer fasziniert hat, was er liebt und lebt: den unwiderstehlichen Reiz von Horrorfilmen und Science-Fiction-Fantasy-Epen, die Mystik und Schönheit von Kirchengesängen und Chorälen, die Anziehungskraft von spannend und durchdacht produzierten Hörspielen, die sich dem „Übersinnlichen“ widmen – alles Themen, die zu Namnambulu-Zeiten nicht auf der Agenda standen. 

Die neun Tracks (inklusive einem Club Edit und zwei Remixes) sind ein tiefschwarzes Sammelsurium an kuriosen, psychopathischen Voice-Samples (aus Hörspielen und Filmen) und meist schnellen, zum Teil recht einfach gehaltenen bzw. strukturierten Electro-Sounds. So drängt sich auch die ein oder andere Assoziation zu bekannten Acts und Vertretern des Dark Electro hin und wieder auf: „Das hab ich doch schon mal so ähnlich wo gehört, oder?“ Gewagte Experimente bzw. Ausflüge in bisher unbekanntes Terrain wurden nicht riskiert – oder einfach absichtlich nicht unternommen? Doch statt zu kopieren oder nachzuahmen, verleiht Vasi Vallis den Songs ihre eigene Identität wie Atmosphäre und webt spannende wie Furcht einflösende, unruhig machende Szenerien mit ein – wobei mitunter auch schon mal ein wenig „dick aufgetragen“ wird. Je nachdem, wie ernst man es nimmt, gruselt es einen gar gewaltig, oder aber ein amüsiertes Lächeln huscht kurz über die Lippen... Wären sämtliche Songtitel in „schickem“ Englisch, hätte man vielleicht auch gar nicht so den ersten Eindruck, hier würde eine Menge an althergebrachten Klischees abgegrast – Titel wie „Daemon“, „Verloren“, „Totengraeber“ oder „Weltfremd“ lassen ebenso tief blicken, wie sie gleichzeitig nur an der Oberfläche kratzen. Doch zum Tiefschürfen ist ja dann die Musik da. 

Wirklich in die Tiefe reist man mit der „Angst EP“ zwar nicht unbedingt, was aber auch kein Stolperstein oder gar Haxenbrecher für die Beurteilung ihrer Qualität sein muss. „Reaper“ ist ein Projekt, das Spaß machen soll, den Fans genauso viel wie dem Musiker. Die Ideen schlummern im Kopf und warten auf ihre Umsetzung. „Reaper“ hat mit seiner ersten Veröffentlichung allemal das Zeug dazu, für Spaß zu sorgen – daheim wie in den Clubs. Tracks wie der Edit von „Totengraeber“ oder das schwer pushende „Weltfremd“ gehören künftig auf die Playlist versierter DJs, während z.B. „Daemon“ mit seinen bedrohlichen, sakralen Chorälen für prickelnde Gänsehaut in den eigenen vier Wänden sorgt. Überraschend und äußerst gelungen, womöglich aber gar nicht so dem gängigen Geschmack der hartgesottenen Electro-Fraktion entsprechend ist der Schluss-Track: Feiner, lockerer House-Sound zum mitwippen – ja was hat denn der hier „verloren“? 

Als Logo übrigens ziert das Cover, vom Stil her nicht unähnlich den bisher die Namnambulu-Releases dominierenden Symbolen, eine Mischung aus Totenkopf und Wolf, wie Vasi erklärt – der Reaper. Ab dem 19. August 2005 greift in Deutschland und im Rest der Welt dann die Angst um sich, wenn in ausgewählten Clubs die Release-Parties steigen. Wer also die Chance hat, hat sowieso keine Chance, denn: ER kriegt euch, ER holt euch, ihr könnt IHM nicht entkommen ... Lauft schon mal los!

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