Raoul Sinier - Huge Samurai Radish

Raoul Sinier - Huge Samurai...

Raoul Sinier kocht bekanntlich sein ganz eigenes Süppchen – und was für eines! In seinem Pariser Klanglabor wirft er Hip-Hop, Electronica, Jazz und eine gute Prise Wahnsinn in den Topf, rührt um, lässt es kurz explodieren – und serviert uns am Ende etwas, das so gar nicht auf der Speisekarte stand. Das Ergebnis ist keine bloße Kombination aus Beats und Samples, sondern ein völlig neuer Geschmack, irgendwo zwischen urbaner Collage, abstraktem Klangexperiment und audiovisueller Performance.

Mit Huge Samurai Radish hat der Meisterkoch Sinier uns 2007 schon einmal einen Vorgeschmack auf sein kommendes drittes Album Brain Kitchen gegeben – und das, im wahrsten Sinne des Wortes, als appetitanregendes „Leckerli“. Die EP in Albumlänge umfasst sieben eigenständige Tracks und fünf Remixe, die sich allesamt so unberechenbar gebärden, dass man beim Hören nie weiß, ob man gerade einen elektronischen Groove oder einen musikalischen Cartoon erlebt.

Schon die Idee, ausgerechnet ein „riesiges Samurai-Radieschen“ ins Zentrum des Konzepts zu stellen, zeigt, dass Sinier sich weder an Konventionen noch an Logik hält. Er ist ein Künstler, der lieber mit der Axt statt mit dem Kochlöffel arbeitet – und das Ergebnis ist köstlich chaotisch. Das Video zum Titeltrack erzählt die surrealen Abenteuer dieses zweibeinigen Wurzelgemüses, das irgendwo zwischen Albtraum und Animationsfilm durch Sinier’s skurrile Fantasiewelt taumelt. Und so, wie der arme Samurai-Rettich durch seine Mission stolpert, wird auch der Hörer auf eine Reise geschickt, die zwischen Faszination, Irritation und purem Staunen pendelt.

Musikalisch bewegt sich Huge Samurai Radish in einem Grenzbereich, der kaum noch ein Genre kennt. Die Beats erinnern an Hip-Hop, aber die Struktur hat mehr mit Jazz zu tun. Zwischendurch wehen Easy-Listening-Anklänge durch das Soundbild, gefolgt von elektronischen Störfeuern, bevor alles plötzlich in einen rockigen Ausbruch kippt. Über allem liegt eine filmische, fast schon soundtrackhafte Atmosphäre – als würde ein futuristisches Manga-Universum musikalisch vertont.

Man spürt förmlich, wie Raoul Sinier jede Regel bricht, nur um eine neue zu erfinden. Seine Musik ist ein Spiel mit Erwartung und Überraschung, mit Humor und Ernst, mit Technik und Gefühl. Nichts klingt zufällig, und trotzdem wirkt alles spontan – eine jener seltenen Mischungen, bei der Genie und Wahnsinn eine produktive WG führen.

Die fünf Remixe auf der EP treiben dieses Spiel noch weiter. Statt das Originalmaterial zu „erden“, öffnen sie neue Türen in Sinier’s Klanguniversum. Besonders bemerkenswert: der Lynx And Ram Remix, bei dem plötzlich die Stimme von Carli Vierke aufblitzt – rotzig, anklagend, fast schon punkig. Dann wäre da die Hip-Hop-Variante mit Vast Aire (bekannt von Cannibal Ox), die das Konzept radikal urbanisiert, ohne die fremdartige Aura zu zerstören. Und schließlich La Caution, die auf Französisch rappen und dem Ganzen eine unerwartet exotische, fast cineastische Note verleihen. So etwas passiert nur, wenn der Gastgeber die Kontrolle längst abgegeben hat – und es funktioniert erstaunlich gut.

Am Ende bleibt Huge Samurai Radish ein eigenwilliges, aber durch und durch stimmiges Erlebnis. Man hört, dass Sinier nicht einfach Tracks produziert, sondern Welten baut. Und diese Welt hier ist so bunt, seltsam und faszinierend, dass man sie am liebsten gar nicht mehr verlassen möchte.

Mit dieser Veröffentlichung hat Raoul Sinier sein Ziel mühelos erreicht: Er macht Lust auf mehr. Huge Samurai Radish ist das klangliche Appetithäppchen, das uns in gespannter Vorfreude auf Brain Kitchen zurücklässt – und wenn das Hauptgericht auch nur halb so aufregend schmeckt wie dieser radieschenrote Wahnsinn, dann dürfen wir uns auf ein musikalisches Festmahl freuen.

Raoul Sinier - Huge Samurai Radish
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