Es gibt sie noch, die Bands, die sich über Jahrzehnte treu bleiben. Über drei Jahrzehnte, um genau sein, im Falle des wohl erfolgreichsten Electropopduos aller Zeiten, den Pet Shop Boys, denen es immer wichtig war, mit der Zeit zu gehen, ohne dabei ihren doch charakteristischen Sound zu verlieren. So liefern die beiden nicht mehr ganz so jungen Jungs alle paar Jahre mit einer gewissen Garantie solide Pop-Alben ab, die regelmäßig wirkliche Perlen enthalten. Seit dem letzten Album “Electric” hat man sich mit Mastermind Stuart Price von Zoot Woman zusammengetan, der schon für vorige Tourneen der PSB deren angestaubte Klassiker einer ordentlichen Kur in Sachen Dancefloor unterzogen hat, angeblich sollen es insgesamt drei Alben in dieser Formation werden. Na super. “Super” heisst auch das neue Werk, das sich mit einer farbenfrohen Kampagne in den Weltmetropolen auf diversen Plakatwänden im Januar mysteriös angekündigt hat, dessen Geheimnis aber dann bald mal mit einer Vorabnummer des Albums, “Inner Sanctum”, die eigentlich rein für die Tanzfläche erdacht zu sein scheint, gelüftet wurde. Die erste wirklich Single von “Super” kam dann Mitte März. “The Pop Kids” ist wohl mehr “Pet Shop Boys” als alles, was die Herren die Jahre zuvor gebracht haben: Eine Hommage an die Londoner Club-Kultur der frühen 90er, catchy, energetisch, inkl. geile Synth-Hooks, textlich dezent autobiographisch angehaucht und ein Beispiel, wie reinster Pop im Jahre 2016 geht - die ideale Verschmelzung von 90s und Sounds der Gegenwart, what a tune! Ein weiteres Zuckerl gab es dann noch vor Veröffentlichung von “Super”, das am 1.4. auf x2, dem Label der PSB erscheint, nämlich den Albumopener “Happiness”, eine Nummer, die schwer an Countrysongs erinnert, sehr amüsant, aber wohl sicher nicht eines jeden Fall. Aber nun zum Rest des 13. Studioalbums der beiden Londoner: Nach mehrmaligem Durchhören scheint es fast, also ob sich das Album - vielleicht aufgrund der Wiederauferstehung und Kultpflege von Vinyl-Releases - in zwei Hälften teilt, die erste vermehrt langsamer und bedächtiger, die zweite deutlich tanzbarer und elektronischer. Als Anspieltips hätte ich “The Dictator Decides”, eine etwas ruhigere Nummer und “Pazzo!”, ein fast rein instrumentaler “Techno”-Knaller, der sich sehr dominant aufbaut und einen auf das, was noch kommen wird, vorbereitet. Denn ab dann geht’s richtig ab, “Inner Sanctum”, der schon bekannte Burner, bei dem man Stuart Price’s Handschrift wohl am extremsten erkennen kann, geht Hand in Hand mit “Undertow”, und eigentlich dann auch mit “Burn”, wenn da nicht mit “Sad Robot World” ein Break wäre, das wirklich ein wenig traurig den Flow unterbricht. “Say It To Me” schließt an, Herzschmerzdancepop, wie ihn nur Neil Tennant singen kann, ein absolutes Highlight für mich, lediglich der frühe Fadeout stört - wer macht sowas bitte? Dann bäumt sich eben der BPM mit “Burn” noch einmal auf, bevor dann “Into Thin Air” das Album behutsam ausklingen lässt. Alles in allem ein wirklich großes Album, die Kollaboration mit Herrn Price tut allen gut, weniger Nieten als auf dem Vorgänger, nur die Anordnung der Songs passt mir nicht so ganz, irgendwie wurde nicht noch strikter auf slow vs. fast gesetzt, was meiner Meinung nach Sinn gemacht hätte, aber vielleicht gibt sich das auch noch nach ein paar weiteren Durchläufen, denn die wird “Super” sicher bekommen. Aber zur Not kann man sich ja die Playlist selbst gestalten… Von mir gibt’s daher fünf Sterne. Falls wer die Tage in London ist - ich leider nicht mehr -, es wird einen Pop-Up “Super-Store” im Boxpark in Shoreditch geben, wo signierte Alben und exklusives Merch verkauft werden wird. Aber nicht verwechseln mit dem wirklichen Superstore, einem Club in Dalston, ein paar Strassen weiter nördlich - da wo “Super” eigentlich wirklich hingehört, nämlich auf den Dancefloor.