Synthwave ist als eher kleines Subgenre ausgesprochen eigen. Orientiert an den 80ern und vor allem Sounds von Tangerine Dream, Vangelis, Jarre oder den Soundtracks von John Carpenter aber mit einer Tendenz, rhythmisch straight nach vorne zu gehen erliegen viele Künstler des Genres dem Geist der Unterscheidbarkeit. Die Grenzen sind wirklich eng gefasst und Wiederholungen schleichen sich nicht nur beim Genuss ganzer Alben eines Künstlers ein, sondern auch im Vergleich zwischen verschiedenen Vertretern. Größere Namen wie Carpenter Brut, Mega Drive oder Dance with the dead sind aber sicherlich gut geeignet, um sich mental in die Welten von Tron oder ganz übler Nächte des Miamis der 80er zu träumen. Auch Pertubator ist ein Name, der im Zusammenhang mit dem Genre häufige Erwähnung findet, was wohl insbesondere durch die Beteiligung am Soundtrack der ‚Hot Line Miami‘ Spiele liegen mag. Und auch wenn ich meist mit dem Genre hadere, weil mir zwar die Sounds ausgesprochen gefallen, die Künstler aber viel zu selten über eine vorbeirauschende Analogorgie hinauskommen, die den Flow der Beats über melodische Kreativität setzen, so hatte ich mit vorliegendem Werk recht viel Freude – so viel zumindest, dass ich davon berichten möchte.

Zunächst das für mich Erfreulichste: Der hinter dem Projekt stehende Franzose James Kent schaut über den Tellerrand der Genregrenzen hinweg und versucht, sich auch in anderen Stilen zu bedienen. Und er setzt viel auf Vocals – auch keine Selbstverständlichkeit aber in meinen Ohren genau die richtige Entscheidung. ‚Lustful sacraments‘ klingt dabei nicht nur nach einem nie erschienenen Hit von Depeche Mode, nein, das Album ist wie eine Mischung aus Synthwave und den Ikonen (insbesondere während ihrer Aktivitäten in den 80ern). Nach einem wunderschön düsteren Intro, dass auch gut für sich stehen kann, ist der Opener schön straight, die Vocals noch etwas in den Hintergrund gerückt und die Elektronik drückend. Kent vermischt dabei melodisch vor allem entspannte Gitarrenriffs mit ausgesprochen viel Blade Runner OST Stimmung – kein kreatives Wunderwerk, aber ein catchy Hit. „Excess“ treibt zunächst stark nach vorne, bevor „Secret devotion“ dann voll auf DeMo setzt. Dank des Gastgesangs gewinnt der Song auch deutlich mehr poppige Struktur – der Titel würde während einer 80er Party zum schmachtenden Tanzen einladen. „Death oft he soul“ dann wieder instrumental, düster und treibend. „The other places“ zieht etwas an mir vorbei, aber „Dethroned…“ erinnert mich an die Stimmung von „A question of lust“ und weiß zu gefallen. „Messalina, Messalina“ drückt noch einmal mit tiefen Frequenzen und schielt leicht in Richtung Industrial bevor „God says“ ein wenig sehr ruhig abschließt – hier fehlt entweder die straighte Programmierung oder eine greifbarere und bessere Melodie, um die 8 Minuten Spielzeit zu rechtfertigen, auch wenn Kent sich in der letzten Minute noch einmal ins Zeug legt. Aber dieser enttäuschende Abschluss ist deutlich der einzige wirkliche Tiefpunkt auf dem Album, und man kann es ja nach 8 Liedern bereits als fertig definieren!

Es ist kein Album, von dem wir noch in 10 Jahren sprechen werden – ich glaube aber, dass das weniger an Pertubator und den enthaltenen Ideen liegt, sondern dass das Genre Synthwave eben auf vergänglich-gleichförmige Sounds setzt, die im Moment des Lauschens den Hörer umschmeicheln und zu Tanzen animieren, aber eben nicht emotional stark bewegen. Ein Genre wie ein Mittel zum Zweck. Doch ‚Lustful sacraments‘ ist immerhin das erste Album des Genres, das ich am Stück gut hören kann, ohne komplett wegzudämmern. Es bietet Abwechslung, es bietet Koketterie mit anderen Genres und wechselnde Stimmungen und Geschwindigkeiten. Das ist gut, das macht Laune, da sollten Freunde der 80er, der oben erwähnten Ur-Väter dieser Sounds und eben Depeche Mode mal reinlauschen.

 

Pertubator

Lustful sacraments

 

28.05.2021

Blood Music

 

https://perturbator.bandcamp.com/

 

01. Reaching Xanadu
02. Lustful sacraments
03. Excess
04. Secret devotion (feat. True body)
05. Death of the soul
06. The other place
07. Dethroned under a funeral haze
08. Messalina, Messalina
09. God says (feat. Hangman’s chair)