Panopticon ist eines der Projekte, die ich so gerne lieber haben würde, als ich es tue. Von Austin L. Lunn vor 14 Jahren ins Leben gerufen erscheint mit ‚…and again into the light‘ bereits das zehnte Album, zahlreiche Splits und EPs finden sich auch in der Diskographie – der amerikanische Tausendsassa ist nimmermüde. Und was haben wir da alles auf der Habenseite: Musikalisch vermengt Lunn seinen atmosphärischen Black Metal mit ganz viel Folk, seit einigen Jahren vor allem einen südstaatengeschwängerten Bluegrass Sound – ein echter Hinhörer in der Black Metal Welt. Klargesang und düsteres Grollen und nahezu alle Instrumente beherrscht der Mann sehr gut, Gastmusiker unterstützen ihn durch mit wundervollen Streicherbegleitungen. Die Selbstdarstellung und viele der Artworks wirken angenehm unaufgeregt und sehr naturverbunden, ohne zu sehr in Kitsch abzudriften. Das vorliegende Werk würde ich mir auch gerne an die Wand hängen, wäre da nicht das Bandlogo, das wie fehl am Platz wirkt. Und dann sind da noch die Texte – spätestens mit ‚Kentucky‘ mischte Lunn unter die genrebedingten Standartthemen wie Natur, Spiritualität und Philosophy auch eine deutliche Menge politisch motivierter Inhalte. Und auch wenn es etwas traurig ist, aber man muss Panopticon als Sonderling vorstellen, denn die Motive sind deutlich eher linkspolitischer Natur. Ich will damit nicht sagen, dass sie dadurch richtiger sind, aber es ist auffällig in einem doch meist konservativ geprägten und viel zu oft extrem rückwärtsgewandten Genre. Warum aber habe ich Panopticon bei all den positiven Attributen nicht zu einer meiner Lieblingsbands erkoren? Nun, Lunn trennt die Folk und Metal Anteile recht streng, bei „The scars of man on the once nameless wilderness I & II“ trennte man beide Anteile auf jeweils auf eine eigene Scheibe. Das ist so weit auch kein Vergehen und die Folk und Bluegrass Parts gelingen Lunn ausgesprochen gut. Hier hält er genau richtig die Waage aus Atmosphäre und Titeldauer. Wenn er dann aber auf Black Metal umschwenkt, dann setzt er auf zwei Dinge: einen monotonen Blast Beats Marathon und Überlänge. Viel zu viel Überlänge.

2021 hat sich da auch nicht so viel geändert: Vier der acht enthaltenen Songs knacken die 10 Minuten Marke locker, zwei weitere kreisen um die 8. Und das ist so schade, denn ‚… and again into the light‘ hat viele wundervolle Momente. Wirklich viele. Nach dem wunderschönen Folk-Titelträck und Opener, der in mir wie bei jeden Album des Soloprojektes die Hoffnung aufflammen ließ, dass es dieses Mal besser passen könnte, finde ich in jedem Song schöne Melodien, mitreißende Parts und die immer wieder einsetzenden Blast Beats Rasereien sind in den ersten Sekunden auch immer umwerfend und wirkungsvoll. Doch Lunn ballert nicht nur kurz, es scheppert über Minuten ununterbrochen und so vordergründig, dass all die Emotionen, all das Schöne in den Hintergrund gewalzt werden. Sicherlich ist dies der von Lunn gewünschte und von den Fans gewollte Effekt, aber man muss nicht 5 Minuten rödeln, um Black Metal atmosphärisch dicht zu gestalten und mir sind die Wechsel zwischen melancholischen, aber versöhnlichen Folktönen und diesem Ballern mit etwas Musik im Hintergrund einfach zu schroff.

Schade, wirklich schade. Ich werde nicht warm mit Panopticon – was mich aber nicht aufhält, zum Reinhören einzuladen. Diese Band ist etwas Besonderes und auf jeden Fall wert, Beachtung zu erhalten. Und mit etwas Chance wird der Leser beim Probelauschen feststellen, dass ich total falsch liege und die musikalischen Momente perfekt harmonieren.

 

Panopticon

… and again into the light

 

15.05.2021

Bindrune Recordings / Season of Mist

 

https://thetruepanopticon.bandcamp.com/album/and-again-into-the-light

 

01. … and again into the light
02. Dead loons
03. Rope burn exit
04. A snowless winter
05. Moth eaten soul
06. As golden laughter echoes (Reva’s song)
07. The embers at dawn
08. Know hope