Wir leben in postdistinktiven Zeiten. Das Kenntlichmachen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Peer Group ist einerseits die Herausbildung einer scheinbar individuellen Identität, andererseits ist ästhetisch mit Abgrenzung aber auch nichts gewonnen. Insofern gilt: Freiheit für die Musik, umarmen wir die Disparität! Die Gruppe Olympya hat die neue Grenzenlosigkeit perfekt verinnerlicht. Auf ihrem ersten Album „Auto“ übertragen die Hamburger die schnodderige Euphorie und den punkgeschulten Breitwand-Rock von Neue-Deutsche-Welle-Vertretern wie Extrabreit, Fehlfarben oder Nichts mit der unterkühlten, elektronisch grundierten Ästhetik jener Tage sowie einem direkten Zug zum Refrain.

Olympya kombinieren bitterironische Schärfe, politischen Biss und präzise Alltagsbeobachtungen mit mitreißenden Refrains, die ihren Betrachtungen ein universelles Moment verleihen. Sie verhandeln klassische Teenie-Komödie Themen mit deutlichsten NDW-Referenzen. Unheilschwangere Keyboards, Call-and-response-Chöre, minimalistische Strophen, Sturm-und-Drang-Refrains. Der besondere Verdienst der Gruppe Olympya liegt tatsächlich in der Weise begründet, wie sie das Beste an der Neuen Deutschen Welle, dem Schreckens-Ghetto jener entsetzlichen NDW-Ü-50-Partys entzerren und unter Hinzunahme einer gewissen Düsternis und einer klaren Hip-Hop-Perspektive zurück ins Licht führen.

Man denkt hier immer wieder an Songs wie „Radio“ von Nichts, „Eisbär“ von Grauzone und natürlich an Extrabreit. Aber das sind Stücke, an die sich heute kaum noch jemand erinnern kann. Darin liegt ja der Clou begründet: Auch Olympya können diese Musik naturgemäß nicht aus erster Hand kennen, weshalb ihre Perspektive darauf eine andere, zeitgemäße ist. NDW, Post-Punk, Elektro, Schweinerock, Hip-Hop und Pop verdichten Olympya mühelos zu einer hochinfektiösen, enorm mitreißenden, modernen Popmusik, die bei allem Geschichtsbewusstsein ganz und gar im Hier und Jetzt zu verorten ist. All diese Welten und noch viel mehr führen Olympya zusammen und belegen damit nicht zuletzt: Kein musikalisches Genre ist jemals dated, es geht immer nur darum, wie die Musik mit Leben und Bedeutung gefüllt wird. Insofern ist Olympya exakt die Band, auf die wir gewartet haben. Sie kommen genau zur richtigen Zeit. "Auto" von Olympya erscheint am 26. Februar 2021.