Okkulte verwandelt 'Cantique' von Die Form in einen Clubhit aus der Hölle

Okkulte verwandelt 'Cantique' von Die...

Es gibt Projekte, bei denen man sich fragt: Wer steckt dahinter? Was ist das Konzept? Gibt es Interviews, Bandfotos, Merchandise mit umgedrehten Kreuzen? – und dann gibt es Okkulte. Hier war die Recherche ungefähr so erfolgreich wie eine Séance mit schlechtem WLAN. Nach mehreren Suchdurchläufen, einem Blick in den Abgrund und einem verzweifelten Versuch, mit Google Translate lateinische Hexenbeschwörungen zu deuten, blieb am Ende ein einziger Name hängen: JE Poblete. Ein Produzent aus Chile, der offenbar beschlossen hat, sein Projekt so geheimnisvoll wie einen alten Keller mit zugemauerter Tür zu halten. Und das passt erstaunlich gut zur Musik.

Denn 'Lacrymosa' ist kein Album, das man einfach hört. Es ist ein Ritual, das man durchläuft. Es wispert, rauscht, donnert, stampft und – ja – es tanzt sogar. Und das alles, ohne jemals auch nur ansatzweise nett sein zu wollen. Tracks wie 'Lickers' sind nichts anderes als finstere Geräuschkulissen, bei denen man automatisch beginnt, sich in der Wohnung umzusehen, ob irgendwo eine unheilige Präsenz lauert oder einfach nur der Kühlschrank brummt. Atmosphärisch? Absolut. Eingängig? Nicht die Spur. Und genau darin liegt die Faszination.

Aber Okkulte wäre nicht Okkulte, wenn es bei purem Sounddesign bliebe. Das Album hat auch seine clubbige Seite – eine dämonische Clubbigkeit allerdings, mit der man sich eher in einem düsteren Kellergewölbe als auf einem Ibiza-Dachgarten wiederfindet. Paradebeispiel: der Titeltrack 'Lacrymosa', basierend auf dem Track 'Cantique' von Die Form – jener legendären französischen Formation, die 1977 von Philippe Fichot als BDSM-Live-Act gegründet wurde und seitdem zwischen Erotik, Sakralästhetik und Avantgarde unterwegs ist. Hier wird nicht gecovert, sondern transformiert: Okkulte schickt den Song durch einen technoiden Fleischwolf, fügt Druck, Dreck und Dunkelheit hinzu und macht daraus ein infernalisches Clubbrett, das mit Weihrauch statt Nebelmaschine arbeitet. Sakral, tanzbar, gefährlich – was will man mehr?

Doch damit nicht genug der Grenzüberschreitungen: Auch 'Pxxxx Vxx' sticht sofort heraus. Hier sollte ein Track (welcher auch immer) von Sopor Aeternus & The Ensemble Of Shadows als Grundlage diente. Die barocke Melancholie, die morbide Dramaturgie – alles schreit nach Anna-Varney Cantodea. Was den Rest des Albums angeht, ist 'Lacrymosa' eine gemischte Beschwörung. Es gibt starke Tracks, die Atmosphäre und Rhythmus gekonnt verbinden, aber auch Passagen, die sich eher wie solide Electro-Standards anfühlen – nicht schlecht, aber eben auch nichts, was das Portal zur Hölle gleich mit aufreißt. Die Highlights bleiben klar die beiden Coverversionen, die nicht nur musikalisch überzeugen, sondern auch zeigen, wozu Okkulte fähig ist, wenn Inspiration und Konzept wirklich zünden.

Fazit: Okkulte ist ein Projekt wie ein Ritualkreis aus Rauch, Beats und latenter Kirchenangst. Wer sich zwischen Die Form, Sopor Aeternus, Industrial-Techno und rituellem Dark Ambient wohlfühlt, sollte hier definitiv ein Ohr riskieren. 'Lacrymosa' ist kein Album für Freunde klarer Songstrukturen oder heiterer Playlists – aber für alle, die gern zwischen Schatten tanzen und bereit sind, sich auf einen klanggewordenen Exorzismus einzulassen. Und ganz ehrlich: Zwei so gute Coverversionen in diesem finsteren Rahmen – das ist fast schon teuflisch clever.

Okkulte verwandelt 'Cantique' von Die Form in einen Clubhit aus der Hölle
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